Value Selling – Vorteile für Kunden erlebbar machen

Value Selling – Vorteile für Kunden erlebbar machen

Unsere zentrale These: 80 Prozent der Unternehmen verkaufen ihre Leistungen unter ihrem Wert. Das muss verbessert werden. Dabei gilt es besonders, an den Gesprächen mit den Kunden anzusetzen. Was nicht durch den Verkauf zum Kunden transportiert wird, findet im Geschäft „Business-to-Business“ nämlich gar nicht statt.

Value Selling definieren wir als eine Verbesserung der Verkaufsprozesse und der Interaktion mit Kunden. Es verbindet das eigene Angebot konsequent mit der Sichtweise und dem Nutzen des Kunden. Und: Der Ansatz vermittelt zwischen Verkaufsstrategie und Verkaufsausführung. Ziel des Value Selling ist es, die eigenen Leistungen nach ihrem Wert für Kunden zu verkaufen. Dazu gilt es, die Mehrwerte für Kunden sichtbar und wichtig zu machen. Es geht darum, das Werterlebnis des Kunden zu steigern.
Unsere internationale Untersuchung bei 278 Praktikern zeigte: 87 Prozent der beteiligten Geschäftsführer und Verkaufsmanager bezeichnen Value Selling für ihr Unternehmen als ein zentrales Thema. Mit gekonntem Value Selling lassen sich die Preise dieser Unternehmen um durchschnittlich 13 Prozent steigern. Die Möglichkeiten des Value Selling sind aber erst zu 30 Prozent ausgeschöpft. Zudem gilt es, im Value Selling nicht nur zu reagieren, sondern die Initiative zu ergreifen. Denn zu 45 Prozent steuern die Kunden die Fahrt. Weil Unternehmen bei einem Drittel der Angebote immer auf die gleichen Wettbewerber stoßen, gilt es, den eigenen Weg zu klären (Belz/ Dannenberg/Redemann/Weibel et al. 2016, S. 13 f.).
Allerdings scheint Value Selling omnipräsent zu sein und für alles und nichts zu stehen; niemand verkauft schließlich Unwerte. Wir plädieren deshalb dafür, das angestrebte Delta der Verbesserung im Verkauf zu bestimmen und Akzente zu setzen. So stellt es beispielsweise verschiedene Anforderungen, besonders früh im Kaufprozess des Kunden einzusteigen oder den Shift der Entscheider beim Kunden (etwa vom Fachspezialisten zum Einkauf) proaktiv zu begleiten und neue Verantwortliche bei Kunden wirksam anzusprechen. Dieses Delta gilt es, zuerst in Kundenvorteile umzusetzen und schließlich die Verkaufsgespräche neu zu gestalten. Value Selling ist kein Verkaufstrick, sondern in den meisten Unternehmen ein Prozess des Change. Entsprechend gilt es, verschiedene Managementansätze zu nutzen (zum gesamten Ansatz und den folgenden Statistiken vgl. Belz/Dannenberg/Redemann/ Weibel 2016).
Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Aufgabe, den Ansatz des Value Selling in die zahlreichen Gespräche mit Kunden umzusetzen. Manche Verkäufer wissen zu wenig, was sie bei Value Selling anders machen sollen.

Gespräche mit Kunden

Normalerweise befassen wir uns damit, wie sich Gespräche und Lösungen im Vertrieb optimieren lassen. Akzentuiert der Verkauf besondere Kundenvorteile, so sind dazu oft ein neues Know-how und eine neue Argumentation des Verkäufers erforderlich. Sein Repertoire muss maßgeblich erweitert werden.

Fehler vermeiden
Oft wäre es realistisch, einfach größere Fehler zu vermeiden oder Beschränkungen zu akzeptieren. Bezogen auf die Marktbearbeitung und besonders Verkaufsgespräche würden wir uns damit beschäftigen, was Kunden dazu führt, ihre Beziehung mit dem Anbieter abzubrechen. Das entspricht auch vielen persönlichen Erfahrungen. Der Kunde stellt keine sophistizierten Ansprüche an eloquente Verkaufsgespräche und Unterstützung. Er akzeptiert kleinere Probleme, schon weil er seinen Aufwand für die weitere Suche und zusätzliche Gespräche scheut. Es gibt aber einige grobe Verstöße für ihn. Er empfindet sie als Zumutung und steigt aus. Beispielsweise wenn er dem Verkäufer seine Situation schildert und den Bedarf umreißt, der Verkäufer aber auf ganz anderes eingeht. Auch können mangelhafter Anstand und Druck rasch zum Abbruch führen.

Value Selling ist kein Verkaufstrick, sondern in den meisten Unternehmen ein Prozess des Change.

Bei Optimierungen neigen die Verantwortlichen dazu, das Unmögliche zu versuchen. Oft ist aber die Schadensbegrenzung der realistische und wirksamere Ansatz, obschon sehr ungewohnt. Für den Kunden müssen unsere Anstrengungen im Vergleich zu Wettbewerbern zumutbar bleiben, das genügt manchmal und ist besonders wirtschaftlich.

 

Verkaufsillusion
Die Anforderungen an den Verkauf sind oft eine Illusion. In Wirklichkeit werden sie nicht eingelöst. Abbildung 1 zeigt, welche Themen ein Verkäufer oft im Gespräch mit dem Kunden einbringen sollte. Diese Themen werden in Treffen mit einer gesamten Dauer von 30 oder 60 Minuten verteilt (auch Belz/Schmitz 2014).
Rasch wird ersichtlich, dass es weder bei 30 noch 60 Minuten möglich ist, diese Vielfalt der Themen einzubringen. Auch eine gezielte Selektion durch den Verkäufer oder eine Etappierung in mehreren Gesprächen löst die Herausforderung nur teilweise. Nur gestützt auf eine reale Einschätzung, lässt sich bestimmen, was notwendig und möglich ist.
Ein weiterer Vergleich ernüchtert häufig: Was ist in der Strategie des Unternehmens vorgegeben und wie äußert sich das in den Verkaufsgesprächen? In praktischen Fällen fanden wir, dass der Verkauf nicht nur Strategien verwässert, sondern oft diametral entgegengesetzt vorgeht.
Zu Verkaufsgesprächen, -taktiken oder -verhandlungen gibt es vielfältige Empfehlungen. An dieser Stelle setzen wir wenige Akzente. Entscheidend ist es, die nötigen Veränderungen in der Ansprache des Kunden zu analysieren und die relevanten Inhalte der Interaktion abzuleiten.
Die Realität im Verkauf ist oft kritisch. Was geschieht wirklich in der Interaktion zwischen Verkäufern und Kunden? Haben die Verkäufer genügend Spielraum, um die Zusammenarbeit mit Kunden maßgeblich zu verbessern?
Abbildung 2 zeigt dazu einige sehr kritische Aussagen und die Bewertung durch die Befragten. Natürlich ist die Zustimmung nicht besonders groß, aber erstaunt trotzdem noch genügend.
Als Top-Thema schält sich das Missverhältnis zwischen Strategie und konkreter Kundeninteraktion heraus. Tatsächlich erfuhren wir beispielsweise in einem Fall durch Verkäuferbegleitungen, dass der Verkauf die Strategie des Unternehmens nicht nur verwässerte, sondern oft diametral entgegengesetzt vorging. Für die ersten drei Statements streuen die Antworten stark, das heißt, dass in gewissen Unternehmen „ja, sehr“ und in anderen „gar nicht“ zutrifft.
Viele Manager delegieren dem Verkauf zu viele Aufgaben, die er mit seinen Ressourcen nicht leisten kann. Sie wissen zu wenig, was wirklich zwischen Verkäufern und Kunden abläuft, und wollen es manchmal auch nicht wissen, weil sie Schlimmes befürchten (Belz/Schmitz 2014).

Veränderte Interaktion mit Kunden durch Value Selling

Was verändert sich, was verändern Sie in der Interaktion mit Kunden? Eigentlich geschieht ja nur wirklich, was Eingang in die Gespräche mit Kunden findet, oder mittels Dokumentationen bis Internet den Kunden erreicht.
Abbildung 3 zeigt, wie die Befragten die angestrebten Veränderungen in der Interaktion mit Kunden gewichten.

Business-to-Business- Firmen benötigen eine intelligentere Methode, um ihren Wert an den Markt zu bringen.

Eindeutige Top-Themen der Skalenbewertung sind 1. die Beratungsqualität systematisch fördern, 2. dem Kunden proaktiv zuhören und 3. Tiefgang im Kunden-Know-how (360-Grad- Information). Am Schluss der Liste stehen beschleunigte Verkaufsprozesse, hier entsteht jedoch eine Spannung zur Effizienz im Vertrieb. Abgeschlagen ist auch der Zugang zum C-Level; wahrscheinlich geht es auch eher darum, den Vorgesetzten des bestehenden Gesprächspartners oder wichtigere Personen in anderen Abteilungen zu erreichen. Wenig ergiebig scheinen auch transparente CRMInformationen im Dialog mit Kunden, es geht offenbar da-rum, möglichst viel vom Kunden zu wissen, aber nicht alles mit Kunden zu besprechen. Besonders stark streuen die Hinweise zu C-Level und beschleunigten Verkaufsprozessen.

 

Verkaufsansätze

Auch generelle Verkaufsansätze scheinen für das Value Selling besonders ergiebig. Zwei Beispiele:

• Schrittweise Entwicklung und Übereinstimmung zwischen Verkauf und Kunden:
Thull (2010) bemerkt, dass im Bereich Business-to-Business weit mehr als 35 Prozent der wahrgenommenen „Sales Opportunities“ bei Kunden im Sande verlaufen. Auch werden die Unsicherheiten bei Kunden unterschätzt. Sein Vorschlag: „Business-to-Business-Firmen benötigen eine intelligentere Methode, um ihren Wert an den Markt zu bringen und ein ergiebiges Wachstum zu erzielen. Sie brauchen eine Plattform, die spezifisch für die komplexe Verkaufsarena bestimmt ist. … Die diagnostische Geschäftsentwicklung ist diese elegantere Art des Verkaufs, da sie den konventionellen, lösungsbasierten Ansatz ,Verkäufer zuerst‘ in einen diagnostischen Ansatz ,Kunde zuerst‘ umwandelt. Sie beseitigt die veralteten Verkaufsprozesse, getrieben durch verfrühte Präsentationen, Verhandlungen und Konfrontationen und ersetzt diese durch einen schrittweisen Prozess der gegenseitigen Bestätigung zwischen dem Verkaufsteam und dem Kunden“ (Thull 2010, xxvi).

• Herausforderer im Verkauf:
Interessant ist auch der Challenger- Sale-Ansatz von Brent und Dixon (2015). Ihre Untersuchungen zeigen, dass besonders erfolgreiche Verkäufer in komplexen Verkaufskonstellationen ihre Kunden herausfordern, ihre Lösungen und das Vorgehen infrage stellen oder völlig neue Wege vorschlagen. Dieser Mehrwert entwickelt eine gute und wichtige Beziehung zum Kunden. Konzerne wie SAP verfolgen den Ansatz mit eindrücklichen Ergebnissen bei den geschulten Verkäufern im Vergleich zum Rest: Sie gewannen mit der Initiative 26 Prozent mehr Verträge, steigerten den Umsatz um 27 Prozent generierten 26 Prozent mehr Verkaufschancen, steigerten die Vertragssumme um den Faktor 6 und senkten die Zeit bis zu den Vertragsabschlüssen um 25 Prozent (Stern 2016, S. 69).

Manche Hinweise ließen sich ergänzen. Für Verkäufer ist es wichtig, zu fragen und dem Kunden zuzuhören, die Beziehungen und das Vertrauen aufzubauen sowie ausgezeichnet zu beraten. Das Thema ist gleichzeitig mit Value Pricing und professionellen Preisverhandlungen verknüpft.

Fazit

Value Selling trifft nicht auf den uneingeschränkten Applaus des Kunden (Abbildung 4). Besonders aus taktischen Gründen durchkreuzen Einkäufer den Ansatz (Belz 2015). Value Selling lässt sich nicht einmalig einführen. Es gilt, laufend zu verbessern und zu kämpfen.
Am Anfang des Artikels bemerkten wir, dass Unternehmen (in ihrer Selbsteinschätzung) im Value Selling erst ein Drittel des Weges gingen. Dabei sind neue Anforderungen besonders in der konkreten Interaktion mit Kunden zu suchen. Hier wird Value transportiert oder eben nicht. Erfahrungsgemäß ist auch die Diskrepanz zwischen eigener Beurteilung und Kunden besonders groß. Während jeder Verkäufer scheinbar alles richtig macht und gut berät, erlebt das der Kunde als Ausnahme. Manche Unternehmen arbeiten zunehmend mit strukturierten Verkaufsgesprächen, teilweise auch elektronisch mit Tablets unterstützt. Der Grad der Standardisierung und der Eingriffe ist aber mit Bedacht zu wählen.

Value Selling: Warum Kunden kaufen

Belz, Ch. / Dannenberg, H. / Redemann, M. / Weibel, M.: Value Selling – Kundennutzen sichtbar machen – Interaktion gestalten – Wertschöpfung optimieren, Stuttgart: Schaeffer-Poeschel 2016, 224 Seiten.

Das Buch richtet sich an Geschäftsführer, Spartenverantwortliche, Marketingund Verkaufsleiter, Kundenmanager und Verkäufer. Viele Aussagen betreffen auch interne Leistungsträger in Technik und Innendienst. Folgende Grundfragen prägen den Aufbau des Buches:

  • Verkaufs-Delta: In welcher Richtung soll sich der persönliche Verkauf konkret verbessern?
  • Kundenvorteile: Welche Vorteile sind wichtig, um attraktive Kunden zu gewinnen und zu halten?
  • Interaktion mit Kunden: Wie wird die Interaktion mit Kunden durch Value Selling neu gestaltet?
  • Management: Wie gilt es, Value Selling im Unternehmen umzusetzen? Welche Hürden spielen dabei intern und bei Kunden eine Rolle?

Eine empirische Untersuchung bei 278 Verantwortlichen im Verkauf (Schweiz, Deutschland, Benelux) zeigt den Status quo in Unternehmen, besonders im komplexen Verkauf „Business-to-Business“. Value Selling lässt sich nur für Unternehmen in ihrer spezifischen Marktkonstellationen weiter entwickeln. Deshalb ist dieses Buch gespickt mit Praxisfällen.

ISBN: 978-3-7910-3606-9 / CHF 68,– / Euro 49,95 http://shop.schaeffer-poeschel.de/value-selling

Quellen

Belz, Ch. (2014): Verbreiterung der Verkaufsaufgabe verunsichert die Kunden, in: Sales Management Review, Nr. 1, S. 18–24.

Belz, Ch. (2015): Versteckspiele zwischen Lieferanten und Kunden, in: Sales Management Review 2015, Nr. 2, S. 56–62.

Belz, Ch./Dannenberg, H./Redemann, M./Weibel, M. (2016): Value Selling, Stuttgart: Schaeffer Poeschel.

Belz, Ch./Schmitz, Ch. (2011): Verkaufskomplexität: Leistungsfähigkeit des Unternehmens in die Interaktion mit den Kunden übertragen, in: Homburg, Ch./Wieseke, J. (Hrsg.): Handbuch Vertriebsmanagement, Wiesbaden: Gabler, S. 179–206.

Brent, A./ Dixon, M.: The Challenger Sale: Kunden herausfordern und erfolgreich überzeugen, Wien/Frankfurt: Redline.

Thull, Jeff (2010): Mastering the Complex Sale, Second Edition, Hoboken N.J.: John Wiley.

Stern, R. (2016): Die Erneuerung des Vertriebs, in: Harvard Business Manager, Februar 2016, S. 63–69.

Das Institut für Marketing an der Universität St.Gallen (HSG)

Mit rund 35 Mitarbeitenden erforscht das Institut für Marketing der Universität St.Gallen (HSG) aktuelle Themen in den Bereichen Marketing-, Kommunikation- und Verkaufsmanagement. Themen wie Customer Centricity, Business-to-Business-Marketing, Account-Management, Multichannel-Management, digitales Marketing und Marketingperformance gehören dabei zu unseren Schwerpunkten (www.ifm.unisg.ch).

In aktuellen Praxisprogrammen mit Unternehmen fördern wir den Austausch zu Best Practices in Marketing, realem Kundenverhalten – realem Marketing oder den Herausforderungen einer Sales Driven Company.

Ziel des Instituts ist es, die eigene Forschung und Entwicklung mit führenden Unternehmen und Führungskräften zu verbinden. In allen Bereichen wird der Transfer zudem durch betriebsübergreifende und interne Weiterbildungen sowie die „Marketing Review St.Gallen“ (Springer Verlag) gefördert.

In der Direktion wirken mit: Prof. Dr. Sven Reinecke (Geschäftsführender Direktor), Prof. Dr. Christian Belz und Prof. Dr. Marcus Schögel.

Die Universität St.Gallen (HSG) zählt zu den führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas und genießt weltweit einen sehr guten Ruf mit Gütesiegeln, die z.B. auch die Harvard University auszeichnen. In renommierten Rankings belegt die Universität St.Gallen (HSG) stets die vorderen Plätze und bietet die beste Management-Weiterbildung im deutschsprachigen Raum. Das Institut für Marketing trägt als Teil der Universität St.Gallen (HSG) zu diesem Erfolg in Forschung und Transfer bei.

Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Ordinarius für Marketing des Instituts für Marketing an der Universität St. Gallen
Universität St. Gallen
Management-Partner
Mercuri International Deutschland GmbH