Südtiroler Speck – Qualität als Markenkern
Marke Authentisch und in Geruch wie Geschmack unverwechselbar: Das ist traditionell hergestellter Südtiroler Speck. Der mild geräucherte und mindestens 22 Wochen gereifte Rohschinken aus Norditalien trat seinen Siegeszug von der bäuerlichen Hausmannskost zur international gefragten Spezialität an. Seit 1996 ist das Qualitätsprodukt unter „Südtiroler Speck g.g.A.“ eine geschützte geografische Angabe der Europäischen Union. Hergestellt wird der Rohschinken aus der Autonomen Provinz Bozen in industrieller Produktion, in Handwerksbetrieben und nach wie vor für den Hausgebrauch in bäuerlicher Tradition. Eine Spurensuche im Villnößtal.
Bei der Fahrt über den Brenner dämmert es schon und dunkle, schneeschwere Wolken hängen in den Gipfeln. Erst bei der Ankunft in Brixen stellt sich beim Gang durch die historische Altstadt wie bei Goethes Italienische Reise das Gefühl ein „Auch ich in Arkadien“. Vom Traditionshotel Adler direkt am Eisack führt der Weg über den Domplatz zum Finsterwirt in der Domgasse 3. Das Lokal im Herzen der Altstadt ist seit 1870 die erste Adresse in Brixen, wenn es um feines Essen geht. In der 6. Generation zeichnet Christoph Mayr für den Erfolg des Hauses verantwortlich und kredenzt mit seinem Serviceteam innovativ interpretierte Klassiker und exzellente Weine. Die Gaststuben im ersten Stock atmen Geschichte und ein überaus kompetenter wie freundlicher Sommelier verwöhnt uns zum Einstieg mit einem Lamm N°12 aus der Sektmanufaktur Winkler, Girlan. Eine Offenbarung. Und eigentlich hä t t e es zum Menü Artischocke mit Ei und Kartoffelstroh, lauwarmem Kalbskopf, Sepiarisotto mit Oktopus und Variationen vom Wippland Freiland-Hühnchen mit Kirnig-Pilzen, Popcorn und Sellerie sowie Käseerlebnis mit Chutneys und Früchtebrot keines anderen Weines bedurft. Ein feiner Champagner, und Winkler steht einem feinen Champagner in nichts nach, geht immer. Doch unser Gastgeber besteht höflich und bestimmt auf der von ihm kenntnisreich geplanten Weinbegleitung mit Spitzengewächsen aus der Region. Ein unvergesslicher Abend. Zum späten Absacker in der Vinothek Vitis by Finsterwirt treffen wir auf Andreas Jungmann, der in geselliger Runde und bei bester Laune seiner baldigen Wahl zum Bürgermeister von Brixen entgegensieht. Nach dem Grund unseres Besuches gefragt, ist die Antwort: „Wir sind vom Südtiroler Urgestein Josef Ritsch nach St. Peter ins Villnößtal eingeladen, um selbst zu erleben, wie Südtiroler Speck für den Hausgebrauch in bäuerlicher Tradition hergestellt wird.“ Den Tipp „Villnößtal“ hat uns der Heidelberger Diplomingenieur Hartmut Rodegast gegeben, der als echter Speck-Botschafter mit seinem Sportfreund Rainer auf der Suche nach dem besten Südtiroler Speck per Rennrad so gut wie alle Täler Südtirols erkundet hat.
„Speck“ in der Tradition Südtiroler Bauern
Das in Gastronomie und Handel überregional beliebte Produkt hat eine lange Geschichte. „Speck“ kommt in Südtirol erstmals in Dokumenten des 18. Jahrhunderts vor. Unter anderen Namen und Definitionen erscheint das Wort jedoch bereits in den Handelsregistern und Metzger-Ordnungen ab 1200. Der Begriff stammt aus dem mittelhochdeutschen spec und dem althochdeutschen spek und bedeutet eigentlich „Dickes, Fettes“. Speck wurde in Südtirol von den Bauern hergestellt, um das Fleisch haltbar zu machen – der Schinken war für den Hausgebrauch bestimmt. Traditionell wurden die Schweine zur Weihnachtszeit geschlachtet. Durch die Speckherstellung war die Konservierung des Fleisches für das ganze Jahr gesichert. Das Rezept wurde gut gehütet und von Generation zu Generation weitergegeben. Auch heute noch zeichnet sich der Speck durch die über 100 Jahre alte Gewürzrezepte der Vorfahren aus.
Südtiroler Speck hat nichts mit dem im deutschen Sprachgebrauch üblichen fetten Bauchspeck zu tun. Die Speckherstellung beruht auf der Verbindung von zwei Konservierungsmethoden für Fleisch: der Reifung, wie für den Rohschinken im Mittelmeerraum üblich, sowie dem Räuchern, typisch für den Norden Europas. Dadurch entstand ein typischer Schinken aus Südtirol, produziert nach der traditionellen Regel „wenig Salz, wenig Rauch und viel Luft“. Der Speck ist Bestandteil vieler typischer Südtiroler Gerichte, wie beispielsweise dem Speckknödel. Der Speck ist in Südtirol, zusammen mit Brot, Käse und Wein, der Hauptdarsteller der originalen Marende, der typischen Südtiroler Brotzeit. Der Südtiroler Speck wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verfeinert und hielt sogar Einzug in die Sterneküche.
Besiegelte Qualität aus Südtirol
Erst wenn das Südtirol-Zeichen in die Schwarte eingebrannt wird, ist alles so, wie es die Tradition verlangt. Erst jetzt ist der Speck ein echter „Südtiroler Speck g.g.A.“ Die Abkürzung g.g.A. steht für „geschützte geografische Angabe“. Diese Auszeichnung gewährt die Europäische Union ausgewählten Produkten, die nach traditioneller Methode in einem bestimmten Gebiet hergestellt werden. „Südtiroler Speck g.g.A.“ darf seit 1996 nur jener Schinken heißen, dessen Herstellung aus dem Schlegel und nach traditionellem Verfahren in Südtirol erfolgt. Der Grundsatz dabei lautet seit jeher: wenig Salz, wenig Rauch, viel frische Bergluft – und noch mehr Zeit. Nur wenn alle Qualitätskriterien erfüllt und alle Kontrollen bestanden sind, darf der Speck nach seiner Herkunft Südtirol benannt werden. Um diese Qualität sicherzustellen, gründete sich 1992 die Schutzvereinigung, „Südtiroler Speck Konsortium“. Nur Hersteller, die sich vertraglich zur Schinken- Herstellung nach der traditionellen Methode verpflichtet haben und sich den strengen Kontrollen unterziehen, dürfen Südtiroler Speck produzieren. Gemeinsam mit dem unabhängigen Kontrollinstitut IFCQ (Istituto Friulano Controllo Qualità) hat das Südtiroler Speck Konsortium ein System entwickelt, welches die Einhaltung der Qualitätskriterien in jedem Arbeitsschritt der Schinkenspeck- Herstellung überwacht: von der Auswahl des Fleisches, über das Schinken-Räuchern bis hin zum fertigen Speck. Die Inspekteure kontrollieren neben Reifezeit, Verhältnis von Mager- und Fettanteil und Salzgehalt, auch Aussehen, Konsistenz, Aroma und Geschmack. Tatsächlich ist der Südtiroler Speck g.g.A. eines der meistgeprüften Qualitätsprodukte Italiens: Rund ein Drittel der Schinken-Hammen werden regelmäßig bei der Schinkenspeck- Herstellung von unabhängigen Kontrolleuren geprüft. Von den jährlich 7,1 Millionen Speck-Hammen aus Südtiroler Herstellung dürfen nur rund 46,5 Prozent das begehrte Gütesiegel tragen.
Später Schnee im Villnößtal
Die morgendliche Anfahrt von Brixen nach St. Peter im Villnößtal gestaltet sich unerwartet herausfordernd. Da Josef Ritsch, genannt Sepp, als pensionierter Forstarbeiter und Wegwart zeitlebens frühes Aufstehen gewohnt ist, sind wir auf 8 Uhr in der Bar von Hotel und Restaurant Vielnois in St. Peter auf den ersten Spritz verabredet. Doch durch den für Mitte Februar ungewöhnlich starken Schneefall verzögert sich die Anreise. Riesige Schneeflocken bedecken das Tal unterhalb der pittoresken Geisler Gruppe und in der Heimat von Reinhold Messner scheint die Zeit still zu stehen. Weihnachtsstimmung. Im Vielnois angekommen, begrüßt uns Sepp mit kernigem Händedruck: „Euer Spritz steht schon bereit.“ Die Bar ist gut besucht und während das Schneetreiben draußen immer heftiger wird, kreisen die Gespräche an der Theke um Vieh, Landmaschinen, Weinbau – und Südtiroler Speck. Hier sind Kenner unter sich. Etwas später gesellt sich selbst Herr Pfarrer, kurz Paul, zur Gemeinde und kommentiert die Gesprächsbeiträge. Auch Hochwürden ist nah am Thema Südtiroler Speck dran, denn Sepp wohnt in der Einliegerwohnung im Pfarrhaus und produziert seinen Speck im mittelalterlichen, denkmalgeschützten Haus direkt unterhalb der Kirche Sankt Peter, in dem früher die Messner-Familie lebte.
Räucherkammer und luftiger Felsenkeller
Von der gemütlichen Dorf-Bar sind es nur wenige Schritte durch den mittlerweile knöcheltiefen Neuschnee bis zum „Messner- Haus“. Strom und fließend Wasser gibt es in dem Gebäude derzeit nicht. Aber in den mittelalterlichen Mauern befindet sich die perfekte Räucherkammer und im Untergeschoss liegt der luftige Felsenkeller mit Naturboden, in dem die geräucherten Speck- Hammen reifen. „Für einen Südtiroler Speck braucht es zuallererst sehr gutes Fleisch“, erklärt Sepp, der uns durch die dunklen Gänge und Räume führt. Die Herstellung erfolgt in Südtirol nach genau definierten Vorgaben. Damit der Speck zur Spezialität wird, müssen von der Fütterung über die Schlachtung des Schweines bis hin zur Reifung des Fleisches viele Faktoren zusammenspielen. Südtirols Speckproduzenten wissen das und praktizieren diesen Grundsatz seit Jahrzehnten.
Aus diesem Grund werden für die Südtiroler Speck-Herstellung nur magere, vollfleischige Schlegel von Schweinen aus artgerechter Haltung verwendet. Die Schlegel werden nach strengen Qualitätskriterien ausgesucht und nach traditionellen Methoden zugeschnitten. Auch die Transportbedingungen für den Rohstoff Fleisch unterliegen einer strengen Regelung. So darf zur Herstellung von Südtiroler Speck g.g.A. weder Lebendvieh importiert noch tiefgefrorenes Fleisch verwendet werden. Die Schinken-Herstellung erfolgt ausschl ießl ich aus Schweineschlegeln, die nach genau vorgegebenen Kontrollen abgenommen werden.
Herstellung genau wie früher, nur moderner
Die Hersteller des Südtiroler Speck g.g.A. produzieren noch heute mit besten Zutaten nach traditionellem Verfahren in Südtirol. Das einmalige Zusammenspiel von Gewürzen, Rauch, Bergluft und Edelschimmel bei der Herstellung verleiht dem Südtiroler Speck g.g.A. seinen ausgewogenen unverwechselbaren Geschmack.
Große und kleine Hersteller von Südtiroler Speck g.g.A. haben sich daher im Südtiroler Speckkonsortium zusammengeschlossen mit dem Ziel, die Handwerkskunst und vor allem die strikte Einhaltung der traditionellen Methode der Südtiroler Speck Herstellung zu bewahren. Jeder Hersteller gibt dem Schinken mit seiner eigenen Gewürzmischung seine ganz persönliche Note mit. Das Rezept des Südtiroler Speck g.g.A. wird mit Stolz von Generation zu Generation weitervererbt.
Traditionelle Gewürzkruste
In seinem Arbeitsraum zeigt uns Sepp spezielle Holzwannen, die etwas an Särge erinnern. „In denen wird das Fleisch eingesalzen und mit der geheimen Gewürzmischung eingerieben“, so Sepp, der uns in den Eimer mit seiner Gewürzmischung riechen lässt. Die typische Gewürzkruste verleiht auch dem Südtiroler Speck g.g.A. sein ganz besonderes Aroma. Es riecht nach Wacholder, Rosmarin, Majoran und Lorbeer, wenn die Schlegel sorgfältig eingerieben werden. Manchmal kommen Knoblauch, Koriander oder Kümmel dazu. Während die Grundzutaten für diese Schinken- Herstellung wie Salz und Pfeffer immer die gleichen bleiben, gibt es in der Abstimmung der speziellen Gewürze viele Unterschiede. In den individuellen Gewürzen des Herstellers liegt die ganz persönl iche Note des Specks. Die Schinken- Hammen werden vor dem Räuchern bis zu drei Wochen lang in kühlen Räumen gepökelt. Während dieser Zeit werden die Schinken mehrere Male gewendet, um das Eindringen der Pökelmasse zu ermöglichen.
Der Speck ist in Südtirol, zusammen mit Brot, Käse und Wein, der Hauptdarsteller der originalen Marende, der typischen Südtiroler Brotzeit.
Wenig Rauch und viel frische Bergluft
Nun führt uns Sepp in die dick verrußte Räucherkammer und entfacht in einer Metallschale ein Feuer. Denn ein entscheidender Faktor für den Geschmack ist das Speck-Räuchern im Anschluss an die Pökelphase. Das Räuchern der Schinken erfolgt dabei traditionell nach der goldenen Regel: wenig Rauch und viel frische Bergluft. Die Hammen werden abwechselnd mithilfe von ausgewähltem harzarmem Holz leicht geräuchert und luftgetrocknet. „Ich gebe beim Räuchern immer einige Wachholderzeige oben vom Würzjoch hinzu“, verrät Sepp. Für den Südtiroler Speck g.g.A. wird bei der Herstellung vor allem Buchenholz für das Räuchern eingesetzt. Die Temperatur des Rauchs darf 20 Grad Celsius nicht übersteigen. Dabei kann der Rauch in die Poren eindringen, die sich bei höheren Temperaturen schließen würden. Die Hammen werden abwechselnd dem leichten Rauch und der frischen Südtiroler Bergluft ausgesetzt.
Zeit für den Reifeprozess
Nach dem Räuchern braucht der Südtiroler Speck Zeit, um in Ruhe im Einklang mit der Natur zur einzigartigen Spezialität zu reifen. In St. Peter im Villnößtal geschieht dies im Keller des alten Messner-Hauses. „Hier herrscht konstant kühle Temperatur und optimale Luftfeuchte“, weiß Sepp. Die Reifezeit hängt vom Gewicht der Hamme ab und beträgt durchschnittlich 22 Wochen. Während dieser Zeit verliert der Speck etwa ein Drittel seines Ursprungsgewichtes und erhält so seine typische, feste Struktur. In dieser Phase der Schinken-Herstellung bildet sich eine natürliche, aromabildende Schimmelschicht auf dem luftgetrockneten Schinken, welche nach der Reifung abgewaschen wird. Sie ist ein Zeichen für die optimalen Reifebedingungen und die hohe Qualität des Specks.
Das Produkt, das seine Wurzeln in der bäuerlichen Tradition hat, ist längst zum Exportschlager geworden. So wurden 2023 insgesamt 2 494 561 Hammen mit dem Qualitätszeichen „Südtiroler Speck g.g.A“ ausgezeichnet. Das entspricht knapp 40 Prozent der Gesamtproduktion. „Südtiroler Speck ist auch über die Grenzen hinaus ein stark nachgefragtes Produkt und mit einer Exportquote von 32,5 Prozent eine der meistexportierten Wurstwaren Italiens. Der wichtigste Exportmarkt bleibt mit 24,3 Prozent Deutschland. Weitere Exportmärkte sind die USA, wo Südtiroler Speck in den vergangenen Jahren immer beliebter wurde“, erklärt Paul Recla, Präsident des Südtiroler Speck Konsortiums, anlässlich der Jahreshauptversammlung.
Qualität, die man schmeckt!
In der alten Stube mit grünem Kachelofen und Südtiroler Bettstatt schneidet uns Sepp einen reifen, fetten Speck auf. Der schmeckt wunderbar, fein-nussig. Es klopft an der Haustür. Herein tritt Konrad Messner, der mit Schnee bedeckte Wirt des Traditionshotels Kabis. Als direkter Nachbar hat der Hotelier und Gastronom den Rauch über dem Messner-Haus gesehen und besucht uns mit edlen Gläsern in der Hand und einem top Südtiroler Weißwein. „Zu einem guten Speck, gehört ein guter Wein“, lacht Messner, der sein Haus seit einigen Jahren auch in den Wintermonaten öffnet. Zum Speck passen auch Sepps Enzian und Latschenkieferschnaps. So gestärkt bedanken wir uns nach einem weiteren Abstecher in die Bar des Vielnois bei Sepp für die Einführung in die traditionelle, bäuerliche Speckproduktion und verabreden ein baldiges Wiedersehen.
Tatsächlich kommen wir bei der Rückfahrt durch das tief verschneite Südtirol nur bis Sterzing und kehren wegen der Vollsperrung des Brenners nach wenigen Stunden wieder in das Viellnößtal zurück. Ein großes Hallo bei den Freunden im Vielnois. Wir beziehen Quartier im Kabis und lassen den Abend bei Konrad mit Südtiroler Wein, Südtiroler Schlutzkrapfen und was sonst – Südtiroler Speck ausklingen.