Neuer BMW 7er: von allem a bisserl

Neuer BMW 7er: von allem a bisserl

Marke BMW stellt seinen neuen 7er vor, der im Herbst wohl in den Verkauf gehen soll. Das Motto der Entwickler scheint zu sein: technologieoffen oder auf Bayrisch: von allem a bisserl.

So kommt der 7er mit einer Kombinationsplattform, von der sich die meisten Autobauer schon verabschiedet haben. Der 7er kommt als Verbrenner mit Benzin- und natürlich Diesel-Motor, mit sechs und acht Zylindern, als Plug-in-Hybrid und als Batterie-elektrisches Auto in den Markt. Einzig die Brennstoffzelle wurde ausgelassen. Man will alles offenlassen und die Entscheidung für das Elektroauto auf Basis der typischen Skateboard-Plattform kommt erst in ein paar Jahren.
Während Tesla, Mercedes, Audi, Porsche, VW, junge Chinesen wie XPeng, Polestar oder NIO sich klar auf Skatebord-Architekturen festgelegt haben, sind die Münchner mit dem neuen 7er konventionell unterwegs. Dafür haben die Verbrenner- Versionen nach den ersten Fotos zwei breite Auspuffendrohre und natürlich den großen Kühlergrill – Relikte aus der Welt des alten Autos statt Symbol für Innovationskraft.
Bleibt die Frage, ob das Konzept von allem a bisserl den 7er auf die Erfolgspur bringt?
Eine erste Antwort könnte die Historie des 7ers geben. Das Konzept der Oberklasse-Limousine wurde zwar immer aktualisiert, aber im Großen und Ganzen ist es immer an den jeweiligen Technologietrend angepasst worden. Und die großen Innovationen wie der Dreh-Druckknopf waren in ihrer Wirkung „überschaubar“.

Erfolgskonzept Prestige: Technologie & Innovation

Abb. 1 zeigt, dass der BMW 7er seine große Zeit um das Jahr 2010 hatte. Die höchste weltweite Verkaufszahl erreichte die Limousine im Jahr 2011 mit 68 775 weltweiten Kundenauslieferungen. Bergab ging es danach – und zwar gemessen am Verkaufsanteil des 7er weltweit. BMW hat eine große Erfolgsgeschichte in China hingelegt, aber scheinbar ohne den 7er. Der Anteil des 7er an den Gesamtverkäufen der Marke BMW war im Jahr 2021 gerade mal 2,0% gegenüber etwa den 5,4% im Jahre 2010. Abb. 2 zeigt nochmals den Kontext. Während die Marke BMW weltweit von 2020 bis 2021 um 80% zugelegt hat, fiel der 7er trotz des enorm gewachsenen China-Geschäfts um 33% zurück. Nicht gerade eine Erfolgsgeschichte, auf der ein Nachfolger aufbauen kann.
Andere Marken wie Mercedes feierten dagegen mit ihrer S-Klasse deutlich größere Erfolge.

Konventionelles Denken und wenig Mut prägen das BMW-Konzept.

Wer im Luxus-Limousinen- Segment die Kunden überzeugen will, braucht mehr als ein gutes Auto. Prestige, und das in Form von Technologie und Innovation, ist eine wichtige Voraussetzung. Mit dem EQS hat Mercedes einen großen Sprung nach vorne gemacht. Der große Screen über das gesamt Cockpit ist neben dem „electric only“ und der Skatebord- Plattform eines der Alleinstellungsmerkmale. Ob der Druck-Drehknopf, der mächtige Kühlergrill und „das bisserl von allem“ mit noch mehr PS die wählerischen Kunden überzeugen können? Die Verkaufsdaten aus den letzten 15 Jahren scheinen das nicht zu bestätigen. Zusätzlich gilt: Verkauft werden die Luxus-Limousinen über das eher bodenständige BMW-Vertriebssystem. Während bei Mercedes Bank ein Drittel aller EQS im Abo verkauft wurden, hat BMW bis heute noch nicht mal ein eigenes Abo-Modell anzubieten. Beim konventionellen Leasing hört die Welt bei den Finanzdienstleistungen von BMW auf. Und das BMW-Vertriebssystem wird wohl erst in ein paar Jahren den heutigen Stand von Mercedes, Audi oder VW mit den Agenturmodellen aufholen können. BMW muss mutiger werden. Alte Welt und neue Welt gleichzeitig, also Diesel und Elektro, passt wenig in eine klare Markenpositionierung.

Erfolgskonzept Prestige: Technologie & Innovation

Mit dem neuen 7er stellt BMW im Gegensatz zu Mercedes etwa beim EQS einen Zwitter vor. Konventionelles Denken und wenig Mut prägen das BMW-Konzept. Das Risiko ist groß, mit einem Kompromiss aus der alten Verbrenner- Welt und der neuen Welt des Elektroautos Marken zu schwächen und inhaltsleer zu machen. Kompromisse oder Zwitter-Geschöpfen fehlt die Glaubwürdigkeit, es sind Pragmatiker, eher seelenlose Gebilde. Man schielt auf den nächsten Verkauf und nicht auf die Glaubwürdigkeit in der Markenbotschaft. Tesla ist klar positioniert und deshalb erfolgreich. Moderner Luxus hat auch eine gesellschaftliche Verantwortung und die muss im Auftritt, im Design an der Umweltvereinbarkeit zu spüren sein. Umweltverantwortung und Diesel geht nicht. Hinzu kommt, Auftritt und Design mit riesigen Grills sind eher Macho-Symbole und strahlen Aggressivität aus. Moderne Autos sollten Stadtbewohnern, Fußgängern, Bikern oder Kindern keine Angst machen. Beim neuen BMW 7er ist dies durch sein Design nicht der Fall.

Bilder zum Artikel: