Mit dem Value Based Selling-Konzept zum Vertriebserfolg

Mit dem Value Based Selling-Konzept zum Vertriebserfolg

Der Begriff Value-Based-Selling kam erstmals in Europa zur Jahrtausendwende in Mode. Doch so neu ist das wertorientierte Verkaufen nun auch wieder nicht. So wird doch jeder gute Verkäufer dem Kunden stets die Kundenvorteile ausreichend transparent machen. Das war doch schon immer so, auch wenn das früher niemand mit Value-Based-Selling bezeichnet hatte. Doch eine kundennutzenorientierte Formulierung im Verkaufsgespräch ist nur eine Seite der Medaille. Der Ansatz des Value-Based-Selling geht weit darüber hinaus. Er hat mehr Substanz, als weitläufig bekannt ist.

Warum hat der eine Verkäufer mehr Verkaufserfolg als der andere? Und warum kaufen Kunden beim Spitzenverkäufer lieber ein als beim Durchschnittsverkäufer? Die Antwort des Value-Based-Selling ist eindeutig. Kaufentscheidend ist die Fähigkeit, für den Kunden einen möglichst großen Kundenvorteil zu schaffen. Zusätzlich wirken natürlich auch noch die Persönlichkeitsmerkmale des Verkäufers positiv auf den Abschluss. Hier schätzen Kunden nach unseren Studien insbesondere die Eigenschaften Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Flexibilität beim Verkäufer.

Der Kern des Value Based Selling-Konzepts

Value-Based-Selling geht davon aus, dass nicht Produkteigenschaften oder niedrige Preise kaufentscheidend sind. Ausschlaggebend ist einzig und allein das geschaffene Wertsteigerungspotenzial für den Kunden.
Value-Based-Selling bedeutet somit, den Kunden ein reales „Mehr an Wert“ als die Konkurrenten zu verschaffen. So können im Idealfall strategische Wettbewerbsvorteile erzeugt werden und eine Alternative zum produkt- oder preisorientierten Verkaufen ist gegeben.
Das Konzept hat zwei Stoßrichtungen, den Wert für den Kunden (Value to the customer) und den Wert vom Kunden (Value from the customer).

Der Value to the Customer: Wert der Leistung für den Kunden

Beim „Value to the Customer” steht nicht nur das Wertsteigerungspotenzial im Mittelpunkt, das der Kunde durch die Problemlösung des Anbieters erfährt. Es geht um das gesamte Vorteilspaket, das für den Kunden geschnürt wird. Die Attraktivität eines Anbieters und seiner Problemlösungen für den Kunden resultieren aus dem Leistungspotenzial für strategische und nachhaltig wettbewerbswirksame Markt- und Ertragsvorteile. Diese „Kundenzentrierung“ ist das Neue bei diesem Ansatz. Und hier sollte bei Value Based Selling- Konzepten auch der Fokus gelegt werden. Die stringente Umsetzung wird weiter unten am Beispiel der Blaser Swisslube AG dargestellt.

Der Value from the Costumer: Wert des Kunden für das Unternehmen

Der Anbieter richtet seine Leistungsangebote an der operativen oder strategischen Attraktivität des Kunden aus. Diese ist abhängig von den realen und potenziellen Beiträgen, die der Kunde zum Erreichen der Unternehmensziele leistet und die auf Unternehmensseite zu Wertsteigerungen führen. Dieser Aspekt des Customer Value wird als „Value from the Customer“ bezeichnet. Profitable Kunden mit Entwicklungspotenzial stehen hier im Mittelpunkt. Also Themen, die bei jedem CRM-System schon immer zu erfassen waren. Hier ist doch schon von Beginn an das Entwicklungspotenzial des Kunden zu bewerten. Ohne diesen Fokus geht es nicht. Die „Zielkunden“ sollten schließlich profitabel sein und Potenzial haben, sonst macht die Zusammenarbeit doch nur wenig Sinn. Der Fokus sollte auf vorab genau festgelegte Kriterien liegen, die vor dem Kundengespräch abgeprüft werden. „Zielkunden“ statt „Mitnahmekunden“ sollte das Credo für den Vertrieb sein. Nur so ist profitables Wachstum möglich.

Den Wert für den Kunden treffend kommunizieren: die Aufgabe des ValueVerkäufers

Spezifische Kunden- und Anbieterpotenziale sowie die akzeptierten Lösungspakete werden zu den eigentlichen Werttreibern. Denn sie bewirken eine Wertsteigerung aufseiten des Geschäftspartners. Es ist die Aufgabe des Value-Based-Selling, dies den Geschäftspartnern zu vermitteln.
Im Mittelpunkt des Konzeptes steht das Entwickeln und Kommunizieren von strategischen wertsteigernden Kundenvorteilen, die aus Anbietersicht den geforderten Preis auch wert sind. Soll der Kunde den Preis akzeptieren, muss ihm der Anbieter den Wertsteigerungseffekt der gebotenen Vorteile glaubhaft vermitteln. Dabei genügt es nicht, die Eigenschaften und Vorteile der Problemlösung sowie den Nutzen der Zusammenarbeit darzulegen. Notwendig ist vielmehr: Der Verkauf muss als wertsteigernder Vorteilsberater auftreten, damit der Kunde verstehen und bewerten kann, welcher Wertsteigerungsbeitrag durch die Anbieterleistung entsteht. Im Konzept des Value-Based-Selling ist dieser Punkt die zentrale Aufgabe des Verkaufspersonals. Denn ohne wertbezogenen Informationsaustausch zwischen Anbieter und Kunde lassen sich keine beidseitig wertsteigernden Problemlösungen und Beziehungen entwickeln und aufbauen.

Kaufentscheidend ist die Fähigkeit, für den Kunden einen möglichst großen Kundenvorteil zu schaffen.

Der Erfolg von Value-Based-Selling hängt somit auch wesentlich von der Qualifikation der Verkäufer ab. Sie müssen so qualifiziert werden, dass die entscheidungsrelevanten Ansprechpartner von den Vorteilen und den damit verbundenen Wertsteigerungseffekten fundiert überzeugt werden. Die Beantwortung dieser Frage ist abhängig von der Persönlichkeit, dem Verhalten und den Kompetenzen der Verkäufer. Und gerade in diesen Bereichen gibt es leider immer wieder erhebliche Qualitätsunterschiede.

 

Value-Based-Selling am Beispiel von Blaser Swisslube

Die Blaser AG aus dem schweizerischen Emmental kann als Pionier des Value Based Selling-Konzepts bezeichnet werden. Schon früh hat man sich intensiv mit den Vorzügen des Value-Based-Selling auseinandergesetzt. Die Herausforderung ist hoch. Kühlschmierstoffe sind nun einmal C-Artikel. Das Ziel war es aufzuzeigen, dass man auch mit einem C-Artikel beträchtlichen Value generieren kann. In aufwendigen Arbeiten hat man die Mitarbeiter (nicht nur aus dem Verkauf) geschult sowie einen wertorientierten Verkaufsprozess und ein „Liquid Tool“ für das iPad entwickelt, das dann alle Verkäufer bei ihren Kundengesprächen einsetzen. Viele Kundendaten über den Fertigungsprozess (wie bspw. Operation, Werkstück, Werkstoff) sind zu erfassen, und am Ende steht dann im Erfolgsfall ein dokumentiertes Wertangebot für den Kunden. Nur wenn das Wertangebot für den Kunden eine entsprechende sinnvolle Größe erreicht hat, wird dem Kunden ein konkretes Angebot unterbreitet. Am Ende des Prozesses steht dann ein quantifiziertes Wertversprechen für den Kunden (in Euro).

Soll der Kunde den Preis akzeptieren, muss ihm der Anbieter den Wertsteigerungseffekt der gebotenen Vorteile glaubhaft vermitteln.

Die entscheidungsrelevanten Kundendimensionen für den Kauf des richtigen Kühlschmierstoffes bei der Blaser AG sind die Wirtschaftlichkeit, die Bearbeitungsqualität und die Produktivität. Ein höherer Preis für den Kühlschmierstoff kann sich somit schnell rechnen, wenn Produktivität und Standzeit des Werkzeuges deutlich höher ausfallen. Zusätzlich muss angemerkt werden, dass man damit in eine Wertbeitragsdiskussion mit dem Kunden einsteigt und eben nicht in eine klassische Preisverhandlung. Bei Letzterer geht es überwiegend um Preisnachlässe. Bei der Wertbeitragsdiskussion hingegen steht das Schaffen von Value für den Kunden im Vordergrund. Und das funktioniert nur, wenn die Prozesse des Kunden fleißig und detailliert analysiert werden. Hat ein Anbieter diese Hausaufgaben gemacht, so ist die Preisverhandlung mit einem „guten“ Abschluss oft ein Kinderspiel.

 

Die Einstellung der Value-Verkäufer

Der Aufbau und die Pflege guter und stabiler Kundenbeziehungen sind unerlässlich für den Verkaufserfolg. Verkäufer streben nach diesen Beziehungen, Value-Verkäufer etablieren sie. Sie verstehen es deutlich besser als ihre Kollegen, sich auf ihre Kunden und deren Bedürfnisse, Motive und Gefühle einzustellen. Für sie ist es am wichtigsten, eine auf gegenseitigem Vertrauen basierende „persönliche Ebene“ zum Kunden aufzubauen.
Value-Verkäufer sind der Meinung, ihre persönliche und fachliche Glaubwürdigkeit, die von traditionellen Verhaltenswerten wie Ehrlichkeit, Offenheit und Zuverlässigkeit geprägt werden, spielen eine bedeutende Rolle beim Aufbau dieser Kundenbeziehungen. Besonders erfolgreiche Verkäufer zeichnen sich zudem durch eine hohe Identifikation mit ihrem Beruf („Verkaufen macht Spaß!“) und mit den Vorteilen und Wertsteigerungsbeiträgen ihrer Problemlösungen aus. +

Erfolgsrelevante Eigenschaften der Value-Verkäufer aus Einkäufersicht

Value-Based-Selling erfordert, dass das gesamte kundenbezogene Sales Team glaubwürdige Überzeugungsarbeit bei den Mitgliedern des Buying Centers der Kunden leistet. Für den Verkäufer spielt jedoch der Einkäufer als Ansprech- und Verhandlungspartner und evtl. als Mitentscheider bei der Auftragsvergabe eine zentrale Rolle. Er muss darum mithilfe seiner individuellen Fähigkeiten ein langfristiges Vertrauensverhältnis zu ihm aufbauen, sodass dieser von der nachhaltigen Problemlösungskompetenz des Verkäufers überzeugt ist. Darüber hinaus bewertet der Einkäufer immer häufiger die angebotenen Wertsteigerungseffekte für sein Unternehmen sowie auch die sog. Total Cost of Ownership (TCO). Der Einkaufspreis bleibt weiterhin wichtig, die Folgekosten rücken jedoch zusätzlich ins Entscheidungszentrum.

Der Erfolg von Value-Based- Selling hängt auch wesentlich von der Qualifikation der Verkäufer ab.

Das Vertrauen des Einkäufers gewinnt der Verkäufer seiner Meinung nach durch seine Persönlichkeit und sein wertsteigerndes Verhalten. Der Einkäufer jedoch – so belegen unsere Studien an der ESB Business School – fokussiert insb. auf Vertrauen zur Person des Verkäufers sowie auf Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit sowie Flexibilität.

 

Unternehmen benötigen gut geschulte Verkäufer, die die Value Based Selling-Technik beherrschen.

Fazit

Das Konzept Value-Based-Selling besagt, dass die Kaufentscheidung des Kunden in einem erheblichen Maße davon abhängt, welche Vorteilspotenziale insgesamt geschaffen werden können. Diese Vorteilspotenziale beruhen auf Werten und eben nicht nur auf dem Preis als alleiniges Entscheidungskriterium. Es ist die Aufgabe des Verkäufers, diese Vorteilspotenziale zu kommunizieren und insb. zu quantifizieren, dem Kunden also vorzurechnen, wie das Wertangebot in seiner Situation konkret ausfällt. Die Dimensionen Produktivität, Total Cost of Ownership, Return on Invest oder Kosteneinsparungen sind hier bspw. Kriterien, die Kunden gerne sehen.
Schließlich benötigen Unternehmen gut geschulte Verkäufer, die die Value Based Selling-Technik beherrschen, und deren Kompetenzen mit den (Werte-)Erwartungen des Kunden übereinstimmen.

Literatur

Kirchherr, Matthias; Schmäh, Marco 2006: Leistung „Preis-wert“ verkaufen, in: Absatzwirtschaft, 11/2006,
S. 56–58.

Schmäh, Marco 2006: Durchgängiges Value Based Marketing als Werttreiber im Systemgeschäft, in: Thexis 3/2006,
S. 38–42.

Schmäh, Marco; Stark, Heinz 2006: Value Based Selling II, Arbeitspapier Nr. 2 am Lehrstuhl für Marketing und Vertriebsmanagement ESB Business School, Reutlingen.

 

Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Lehrstuhl für Marketing und Vertriebsmanagement, ESB BUSINESS SCHOOL REUTLINGEN
Prof. Schmäh Sales & Service Consulting
Technologie- und Innovationsmanagement
Reutlingen University