Marken schützen in der Krise

Marken schützen in der Krise

Zwar war das Markenbewusstsein der Konsumenten in den zurückliegenden zwei Jahren wieder angestiegen und es schien, als ob die „Geiz ist geil“-Ära abebben würde, aber durch die düsteren Konjunkturaussichten hat sich das wieder schlagartig verändert.

Einig wie selten stehen Hersteller der Finanzkrise gegenüber, kürzen Budgets und vertrauen anstelle von langfristigen Strategien lieber kurzfristig wirkenden Umsatzförderern. So versetzen Preiskämpfe und Rabattschlachten selbst etablierte Markenunternehmen aller Branchen in Angst und Schrecken. Denn wenn die Preise weiter fallen, können die vor allem für Markenhersteller notwendigen Investitionen in Kommunikation, neue Produkte, Produktqualität und Services nicht mehr finanziert werden. Wie stellt sich die Situation dar und was ist zu tun, um starke Marken nachhaltig vor dem Preisverfall zu schützen?


Welche Umstände kennzeichnen die Lage im Einzelnen?

Vordergründig gelten häufig die Konsumenten als Auslöser der Preisschlacht, weil sie die verlangten Preise nicht mehr anstandslos akzeptieren und ständig auf der Suche nach dem günstigsten Angebot sind. Auf den zweiten Blick sind es aber Hersteller und Handel, denn sie glauben, die Nachfrage durch Preissenkungen anzukurbeln. Sie schließen den Teufelskreis. Den notwendigen Rückenwind liefern ihnen unausgelastete Kapazitäten, verbunden mit ambitiösen Mengenzielen, und nicht zuletzt eine hohe Preistransparenz. Dabei macht der Preisrutsch nicht bei No-Name-Produkten halt. Um verlorene Marktanteile von Billiganbietern und Handelsmarken zurückzukaufen, stehen Preissenkungen auch bei Markenprodukten ganz oben auf der Tagesordnung. Durch diesen Preisaktionismus und Attacken durch (die eigenen) Zweitmarken verlieren die Marken an Kraft, denn wo kein Preis ist, ist auch kein Wert. Dabei sind es vor allem die Premium-Marken, die mehr als alle anderen Anbieter ihre überlegene Qualität und ihren Wert behaupten und finanzieren müssen.
Es bleibt die traurige Bilanz: Der Run auf die günstigen Preise hat keinem etwas gebracht. Das Preisbewusstsein der Kunden hat nachhaltig Schaden genommen, und vor allem die Herstellermarken sind durch den hohen Finanzierungsbedarf bei immer günstigeren Verkaufspreisen in einer schwierigen und gefährlichen Lage.


Wie können Marken nachhaltig vor dem Preisverfall geschützt werden?

Es hat keinen Sinn mehr, den Schwarzen Peter hin und her zu schieben. Hier und jetzt ist das Umdenken ganzer Branchen erforderlich. Allein eine durchgängige Preiserhöhung kann den negativen Preistrend stoppen oder ihn sogar umkehren.
Bereits eine einprozentige Preissteigerung erhöht den Gewinn eines Konsumgüterherstellers um bis zu vier Prozent.
Hier kommt den Markenherstellern eine zentrale Rolle zu. Sie können und müssen den Markt steuern. Neben Mehrwertkonzepten müssen sie den Leistungswettbewerb nach vorn bringen und gleichzeitig wieder ein vernünftiges Preisniveau herstellen.
Aber lassen sich die Preise von Marken trotz anhaltender Rezession erhöhen? Die Antwort lautet „Ja“, denn die Verbraucher achten gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wieder verstärkt auf Qualität und Leistung, und auch der Handel, ja selbst die Discounter werden von einer branchenweiten Preisanhebung profi tieren. Allerdings muss ein „Aber“ hinzugefügt werden, da nur Marken mit einem überzeugenden emotionalen Leistungsversprechen Erfolg haben werden. Schwächere Marken hingegen laufen Gefahr, auf der Strecke zu bleiben, da sie aus Konsumentensicht einem höheren Preis auf der Wertseite nichts Entsprechendes entgegenzusetzen haben.
Um sich erfolgreich vor erhöhten Rabatten und Preisschlachten zu schützen, müssen Markenhersteller als verantwortliche Vorreiter der Branche ihr Marken und Preismanagement konsequent neu ausrichten und dies mit dem Ziel der Preiserhöhung entsprechend im Markt kommunizieren.


Wie ist konkret vorzugehen?

Fünf Erfolgsfaktoren kennzeichnen die erfolgreiche Umsetzung des neuen Marken- und Preismanagements von Markenartiklern:
➔ Ziel muss es sein, einen aus Konsumentensicht emotionalen Mehrwert der Marke zu schaffen und diesen gemeinsam im Markt zu kommunizieren. Damit hat das Motto „Jeder denke nur an sich“ endgültig ausgedient. Hersteller und Handel müssen sich gemeinsam über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg konsequent auf die Vorteile der Marke in Bezug auf Angebot, differenzierte Positionierung, zielgruppengerechte Vermarktung und Kundenansprache besinnen und ihr Angebot strikt und nachhaltig daran ausrichten.
➔ Der Markenwert muss gegenüber Handelsmarken klar abgegrenzt werden – nicht nur im Preis, sondern vor allem im emotionalen Mehrwert, um dem Druck der Handelsmarken langfristig standzuhalten. Eine Profilierung der Markenhersteller gegenüber Handelsmarken kann nicht durch den Einstieg in den Preiskampf, sondern nur über eine aus Konsumentensicht überlegene Leistungsdifferenzierung erzielt werden.
➔ Ein effektives Pricing in umkämpften Märkten erfordert ein klares Verständnis über Pricingziele, -struktur sowie -disziplin. Damit ist es wichtig, Marktanteils- und Margenziele klar zu balancieren.
Nur wenn alle markenrelevanten Unternehmensbereiche, wie z. B. Geschäftsführung, Vertrieb, Service, Qualitätsmanagement, Kommunikation, mit dem Ziel der Profitsteigerung systematisch und zielorientiert im Pricing zusammenarbeiten, kann der Preis den am Markt geschaffenen Wert bestmöglich abschöpfen und den Unternehmenserfolg optimieren.
➔ Markenhersteller müssen ihre Preise mittels geeigneter Methoden im definierten System kalkulieren und dabei dem Prinzip Leistung gegen Gegenleistung folgen sowie Argumentationshilfen gegenüber den Kunden entwickeln.
Das beste Preismanagement bleibt wirkungslos, wenn es dem Hersteller nicht gelingt, seine Preise beim Kunden nachhaltig durchzusetzen. Voraussetzung dafür ist, dass der Preis berechenbar und glaubwürdig und somit argumentierbar bleibt. Dazu sind differenzierte Analysen der Preissteigerungspotenziale bei Kunden und Produkten notwendig. Eine Preiserhöhung nach der Rasenmähermethode scheitert zwangsläufig.
➔ Der Marktführer muss seine Verantwortlichkeit als Preisführer und damit als „Vorreiter“ im Markt erkennen und als Erster Preiserhöhungen initiieren und kommunizieren. Die Preiserhöhung des Marktführers gibt der nachfolgenden Konkurrenz sowie dem Handel den notwendigen Rückenwind für eigene Preiserhöhungen, denn sowohl der Wettbewerb als auch der Handel haben im Preiskampf verloren. Diesbezüglich kommt der Kommunikation, Stichwort „Signaling“, eine wichtige Bedeutung zu.


Fazit – Markenhersteller in der Pflicht

In den vom Preisverfall geprägten Märkten ist es Aufgabe führender Markenhersteller, das Preisniveau auf ein profitables Level zurückzuholen. Inhaltlich bedeutet das eine Verabschiedung vom Ziel der Marktanteilssicherung hin zur Profitsteigerung.
Die Argumentation der dazu notwendigen Preissteigerung basiert auf einer emotionalen Wertsteigerung für den Kunden, die rechtzeitig im Markt zu kommunizieren ist.
Ist das Misstrauen nachfolgender Marken hoch, ist vom Preisführer ein entsprechend langer Atem gefordert, um glaubhaft zu bleiben und letztlich die Ertragskraft der Marken im schwierigen Umfeld nachhaltig zu steigern.

Autorin(nen) / Autor(en):
Director im Competence Center „Consumer Industry“
Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants
Partner
Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants