Im Zeitalter von Big Data werden Marktforscher zu entscheidenden Managern

Im Zeitalter von Big Data werden Marktforscher zu entscheidenden Managern

Die Zahl ist eindrucksvoll und unterstreicht die gigantische Kraft der Datenflut: Experten erwarten, dass die weltweite Datenmenge spätestens im Jahr 2020 die Marke von 40 Zettabyte knacken wird – das entspricht ungefähr der fünfzigfachen Menge aller Sandkörner auf der Welt. Und noch wichtiger: Die Datenmenge verdoppelt sich derzeit fast im Jahrestakt.

Diese „Datenrevolution“ sorgt für eine weitreichende Transformation vieler Bereiche unseres Lebens. Das gilt nicht zuletzt auch für die Customer Journey. Verbraucher erhalten immer mehr Möglichkeiten, sich über Produkte und Dienstleistungen zu informieren, sie miteinander zu vergleichen und Kaufentscheidungen auf Basis nie dagewesener Markttransparenz zu treffen. Sie tauschen sich über ganz unterschiedliche Kanäle aus, geben Feedback und lesen ebenso die Meinungen anderer.
Unternehmen sammeln diese Daten über Kundenaktivitäten teilweise mit grenzenloser Freude. Ihre Hoffnung: Sie wollen wichtige Insights über das künftige Kundenverhalten herauslesen und darauf entsprechend reagieren. Doch bislang gelingt das nur selten, denn meistens werden Informationen unkoordiniert, dezentral und kaum zielorientiert verarbeitet.

Die neue Rolle der Marktforscher

Im Zeitalter von Big Data und der Zunahme von Do-ityourself- Programmen ändert sich auch die Rolle der Marktforscher. Die Vermutung, dass sie in Zeiten, in denen sich das „Internet der Dinge“ als eine immer stärker sprudelnde Datenquelle erweist, überflüssig werden könnten, ist sicher nicht zutreffend. Ganz im Gegenteil liegt in der Vielzahl nutzbarer Daten die Chance für Marktforscher, ihre Rolle im Unternehmen neu zu definieren: Marktforscher müssen proaktiv neue Methoden und Herangehensweisen entwickeln. Eng verknüpft mit dem Data Warehousing sollten sie die Schlüsselrolle dabei einnehmen, Big Data in Smart Data zu verwandeln. Sie sollten sich zu Beratern weiterentwickeln, die mit ihrer Expertise – und unterstützt von moderner Software – relevante Informationen aus den Datenmengen filtern und konkrete Handlungsempfehlungen vorlegen.
Einige Marktforscher stellen sich bereits dieser Anforderung: Sie verstehen, dass Unternehmen heute genau wissen müssen, wie Kunden ihre Produkte und Marken erleben – zu jedem Zeitpunkt, an jedem relevanten Touchpoint, in Echtzeit. Sie verstehen ebenso, dass erfolgreiche Marktteilnehmer Kunden-Feedback aktiv, effektiv und zeitnah nutzen müssen; und dies in zweierlei Hinsicht: Zum einen müssen sie an jedem Touchpoint laufend Prozessoptimierungen vornehmen, die allen Kunden zugute kommen. Zum anderen müssen sie mit dem Feedback auch die individuelle Kundenbeziehung aktiv steuern.
Im Klartext: An die Stelle einer rein rückwärts gerichteten Kundenzufriedenheitsmessung rückt immer stärker ein in die Zukunft gerichtetes Customer-Experience-(CX) Management mit messbaren Zielen wie zum Beispiel einer stärkeren Kundenbindung mit längerem Kundenlebenszyklus, einem höheren „share of wallet“ oder einer höheren Neukundengewinnung aufgrund einer steigenden Weiterempfehlungsrate.

Flankierende Analyse weiterer Datenquellen

Marktforscher müssen künftig entsprechend nicht nur traditionelle Befragungen auswerten, sondern auch flankierend weitere Datenquellen integrieren und analysieren. So sollten sie Feedback aus Social Media oder Beschwerdemanagement ebenso einbeziehen wie operative Daten entlang der Customer Journey. Erst die Verknüpfung von Daten aus Kundenzufriedenheitstracking, Social-Media-Monitoring, Online-Communities, Transaktions- und Vertriebsdaten oder CRM-Datenbanken ergeben ein umfassendes Kundenbild.
Das bedeutet aber auch, dass Daten nicht länger in unterschiedlichen Abteilungen gehortet werden und dort versickern. Das Gegenteil ist zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden: Wissen – egal woher – wird nicht separiert voneinander betrachtet, sondern stattdessen im Data Warehousing zentral miteinander verknüpft.

Big Data ist eine Chance für Marktforscher, wachsende Einflussmöglichkeiten als wichtiger Berater des Unternehmens beim Schopfe zu packen

Entsprechende Software hilft, Datensilos aufzubrechen und strukturierte Syntheseprozesse relevanter Daten mittels automatisierter Analytik durchzuführen. So können strukturierte und unstrukturierte Daten wie offene Kommentare, Call-Center-Gespräche, E-Mails von Kunden oder Beiträge in Social Media in die Analyse einbezogen werden. Unternehmen erhalten dann einen deutlich klareren Überblick über ihre Kundensegmente – und über jeden einzelnen Kunden. Und wo die individuellen Daten nicht vorhanden sind, helfen Prognosetechniken, das zukünftige Verhalten auch solcher Kunden vorherzusagen, von denen kein umfangreiches Datenmaterial vorliegt. So erhalten Unternehmen handlungsrelevante Erkenntnisse, die sie für ein effektives Kunden- und Touchpoint- Management so einsetzen können, dass Kundenerlebnisse nicht nur nachträglich analysiert, sondern im Vorhinein proaktiv gesteuert werden können.

 

Software fängt Antwortmüdigkeit auf

Ohnehin werden Software-basierte Prognosemodelle bei zunehmender Antwortmüdigkeit von Verbrauchern immer wichtiger. So können Informationen von Kunden, die auf Umfragen reagieren, das Verhalten derjenigen prognostizieren, die sich nicht an Befragungen beteiligen. Und weil diese Software-Lösungen zusätzliche Daten aus jeder Quelle nutzen und in eine Big-Data-Analyse einfließen lassen können, ist die Prognosegenauigkeit auf individueller Ebene so hoch, dass passgenau und persönlich jede einzelne Kundenbeziehung gesteuert und optimiert werden kann. So können Abwanderungstendenzen erkannt werden, noch bevor die betreffenden Kunden selbst sich dessen bewusst sind. Genauso präzise können sie aber auch das Verhalten der loyalen Kunden bestimmen, bei denen es Potenzial für zusätzliche Umsätze gibt.
Datenanalyse ist irrelevant, wenn die gewonnenen Informationen nicht optimal genutzt werden.
Interviews, die wir in den vergangenen Jahren in zahlreichen Unternehmen mit Mitarbeitern auf allen Ebenen führten, zeigen, dass häufig noch große Schwierigkeiten damit verbunden sind, konkrete Maßnahmen auf Basis von Kunden-Feedback zeitnah umzusetzen. Gerade Servicemitarbeiter bemängeln eine unklare Maßnahmenableitung.
Auch hier können sich Marktforscher zielführend einbringen. Sie können dafür sorgen, dass in Ihrem Unternehmen jeder – von der Führungsmannschaft bis hin zum Kundendienst – die für ihn relevanten Daten exakt dann erhält, wann er sie benötigt und exakt mit den Details, wie er sie braucht. Big Data ist eine Chance für Marktforscher, wachsende Einflussmöglichkeiten als wichtiger Berater des Unternehmens beim Schopfe zu packen. Schließlich wird angesichts der weiterhin explosionsartig zunehmenden Datenmenge die Analysefähigkeit eines Marktforschers, verbunden mit hoher IT-Expertise und Kompetenz bei der Ableitung und Empfehlung konkreter Handlungsmaßnahmen ein gefragtes Gut sein.

Autorin(nen) / Autor(en):
Managing Director Europe bei Maritz Research
Maritz Research