Das Marketingverständnis von Museen: eine Randnotiz

Das Marketingverständnis von Museen: eine Randnotiz

Werden deutsche Museen marktorientiert geführt? Für wie wichtig halten Museen Marketing? Welche Besonderheiten sind in diesem Zusammenhang zu beachten, und wie könnte eine stärkere Marktorientierung dieser besonderen Institutionen erreicht werden? Eine Studie der Zeppelin Universität in Friedrichshafen hat diese Fragen untersucht. Erste Ergebnisse zeigen, dass Museumsmarketing eine größere Rolle spielt, als zunächst vermutet. Gleichwohl besteht noch erheblicher Nachholbedarf im Hinblick auf eine stärkere Marktorientierung von Museen.

In weiten Teilen der Wirtschaft hat das Marketing eine zentrale Bedeutung für die Unternehmensführung. Gleichwohl gibt es nach wie vor Bereiche und Institutionen, denen ein erheblicher Nachholbedarf in Bezug auf die marktorientierte Unternehmensführung attestiert wird. Eine dieser Institutionen ist das Museum. Museen suchen angesichts einer proklamierten chronischen Unterfinanzierung nach neuen Erlösquellen. Dabei wird oft der Ruf laut, durch eine stärkere und systematische Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden etwaige Zahlungsbereitschaften der Besucher abzugreifen. Unklar ist jedoch, ob und in welchem Maß Museen die entsprechenden Aufforderungen bereits umgesetzt haben.

Eine Studie zum Marketingverständnis von Museen

Vor diesem Hintergrund führte der Lehrstuhl für Marketing der Zeppelin Universität in Friedrichshafen eine umfassende Studie mit 157 Personen durch, die in leitender Position für das Marketing in Museen verantwortlich sind. Von den teilnehmenden Museen in allen deutschen Bundesländern waren knapp 84 Prozent öffentlich finanzierte Institutionen, während 16 Prozent in privater Trägerschaft waren. Nur 37,5 Prozent der befragten Museen gaben an, dass sie kostendeckend wirtschaften würden. Somit ist der Großteil der Museen laut eigenen Angaben entweder auf öffentliche Unterstützung oder aber auf private Mittel angewiesen. Im Ergebnis wurde somit deutlich, dass es offenkundig einen erheblichen Bedarf an zusätzlichen Erlösquellen gibt und hier insbesondere der Kunde bzw. der Besucher im Mittelpunkt des Interesses steht.

Marketing von Museen in Deutschland

Im Hinblick auf die damit verbundene Frage nach der Institutionalisierung der Marketingfunktion, z.B. in einer eigenständigen Abteilung oder auf Ebene der Museumsleitung, gaben lediglich 38 Prozent der Befragten an, bereits über eine gesonderte Marketingabteilung zu verfügen. Auf der instrumentellen Ebene ließ sich eine relativ große Heterogenität im Instrumentenmix beobachten. Über 50 Prozent der befragten Museen nutzten mehr als sechs verschiedene Marketingmaßnahmen, wie den Aufbau einer Corporate Identity oder Public Relations. Relativ homogen beurteilten die Befragten hingegen den Erfolgsbeitrag des Marketings in Museen. So gaben 70,4 Prozent der befragten Marketingverantwortlichen als Antwort auf eine offene Frage an, dass sie Museumsmarketing als sehr wichtig empfänden und dass Museen Marketing betreiben sollten. In der Implementierung der Marketingfunktion scheint es hingegen noch erhebliche Probleme und Defizite zu geben. Diese Beobachtung manifestiert sich zum Beispiel in der folgenden Aussage eines Befragten: „Marketing wird in seiner Wichtigkeit leider vor allem im Kulturbereich noch oft unterschätzt und falsch verstanden.“ Diese Aussage reflektiert vermutlich auch die bekannte Problematik, dass Marketing oft noch nicht als Führungskonzept, sondern häufig als bloße Verkaufsunterstützung interpretiert wird. Zudem deuten die Äußerungen der Befragten an, dass die finanziellen Ressourcen in Museen kaum ausreichend wären, um die Marketingfunktionen adäquat zu institutionalisieren („Leider sind traditionelle Einrichtungen hierfür weder finanziell noch personell ausgestattet.“). Es ist somit zu vermuten, dass in vielen Museen noch ein sehr diffuses Marketingverständnis vorherrscht und dies auch zu einer unklaren Institutionalisierung und Finanzierung führt. Diese Vermutung wird dadurch bestätigt, dass einige Befragten angaben, dass sie unter Marketing primär die operative Interaktion mit den Besuchern oder Kooperationen mit Schulen verstehen würden.

Die Bedeutung des Marketings für Museen

Die Ergebnisse zur Bekanntheit und zum Erfolg eines Museums zeigen, dass die Institutionalisierung des Marketings (z.B. in einer eigenständigen Abteilung) mit einer stärkeren Besucherorientierung und mit einer zahlreicheren Verwendung von Marketingmaßnahmen korrespondiert. Interessant ist zudem, dass sowohl das Ausmaß der Besucherorientierung als auch die Breite der eingesetzten Marketingmaßnahmen maßgeblich mit der Bekanntheit und diese dann wiederum mit dem Erfolg des Museums zusammenhingen. Dabei ist aber zu beachten, dass der Erfolgsbegriff in Kulturbetrieben allgemein nicht nur rein betriebswirtschaftlich, sondern oft umfassender interpretiert wird. So erfüllen Museen aus Sicht der Befragten oft auch Bildungs- und Konservierungsaufträge. Dieser Zielpluralismus erklärt auch, warum zwar nur 37 Prozent der befragten Unternehmen kostendeckend arbeiten, trotzdem aber 63 Prozent der Befragten behaupten, erfolgreich zu sein. Gleichzeitig ergibt sich daraus auch die spannende Frage, wie eine integrierte Marketingzielfunktion für das Museumsmarketing aussehen könnte und wie etwaige Zielkonflikte zwischen den drei Bereiche Ökonomie, Bildung und Konservierung aufgelöst werden können. Es ist somit unmittelbar ersichtlich, dass es für die erfolgreiche marktorientierte Führung von Museen letztlich gesonderter Marketingkonzeptionen bedarf. Insofern sind Erfolgsrezepte aus dem Konsumgüter- oder Dienstleistungsmarketing – wenn überhaupt – dann wohl nur in modifizierter Form übertragbar.

Drei Tipps für Museumsmarketing mit begrenzten Ressourcen

Es bleibt die Frage, wie es Museen schaffen können, sich trotz des geringen Budgets und der gegebenenfalls (noch) fehlenden Marketingexpertise auf dem Kulturmarkt erfolgreich positionieren und behaupten zu können. Aus unserer Perspektive wären dafür unter anderem die folgenden drei Schritte wichtig:

1. Das pejorative Marketingverständnis überwinden: In vielen Kulturbetrieben herrscht ein verkürztes und gelegentlich sogar pejoratives Marketingverständnis vor. Ziel des Managements sollte es sein, das Konzept des Marketings als „marktorientierte Unternehmensführung“ auf allen Stufen und in allen Bereichen zu etablieren. Hierzu kann es sinnvoll sein, in einem ersten Schritt die Marktorientierung in den verschiedenen Bereichen zu erfassen und die Ergebnisse zu kommunizieren, zu diskutieren und zu dokumentieren. Im Ergebnis sollte den Beteiligten klar werden, welchen Erfolgsbeitrag das Marketing leistet und welchen Stellenwert es somit in der Organisation einnehmen sollte.

2. Integrieren Sie den Kunden in die Entscheidungsprozesse: Das beste Konzept nützt nichts, wenn es nicht umgesetzt wird. Viele Marketingmanager und -maßnahmen im Kulturbetrieb scheitern daran, dass sie es nicht schaffen, dauerhaft in die oft komplexen Entscheidungsprozesse einzuwirken. Insofern ist es wichtig, z.B. mithilfe von aus Befragung gewonnenen Kundendaten, die Marketingperspektive in messbarer und objektiver Form in die Entscheidungsprozesse zu integrieren. Einen Ansatzpunkt hierfür können Zufriedenheitsstudien bilden, die, der entsprechenden Zielkonzeption folgend, nicht nur ökonomische Kategorien, sondern auch Bildungsund Konservierungsaspekte berücksichtigen sollten.

Marketing wird in seiner Wichtigkeit leider vor allem im Kulturbereich noch oft unterschätzt und falsch verstanden.

3. Verändern Sie die Entscheidungsstrukturen nachhaltig und bauen Sie Marketing-Intelligenz auf: Ist es Ihnen gelungen, mithilfe der entsprechenden Daten und Informationen Entscheidungsprozesse im Sinne der Marktorientierung zu beeinflussen, besteht der nächste Schritt darin, die entsprechenden aufbau- und ablauforganisatorischen Maßnahmen zu schaffen, die eine dauerhafte Implementierung des Marketings in das Museumsmanagement ermöglichen. So wäre es z.B. denkbar, einmal jährlich an geeigneter Stelle die Ergebnisse der entsprechenden Kundenbefragungen breit zu kommunizieren und Maßnahmen daraus abzuleiten. Da für den Erfolg von Museen die Mitarbeiter von zentraler Bedeutung sind, könnten diese Befragungen im nächsten Schritt um Mitarbeiterzufriedenheitsstudien ergänzt werden. Daneben sollte z.B. durch den Aufbau einer eigenen Marktforschungsabteilung die interne und externe Informationsgewinnung organisiert und verstetigt werden, um so einen möglichst systematischen Lernprozess zu gewährleisten.

Im Ergebnis gewinnt das Management durch diese drei Schritte vertiefte Einblicke in die für das Marketing wichtigen Bereiche und kann, darauf aufbauend, einen Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der eigenen kulturbetrieblichen Existenz leisten, von der dann nicht der eigene Betrieb, sondern letztlich auch die Gesellschaft insgesamt profitiert.

Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Promotionsstipendiatin
Zeppelin Universität, Friedrichshafen am Bodensee
Promotionsstipendiatin
Friedrichshafen am Bodensee
Lehrstuhlinhaber für Marketing
Zeppelin Universität, Friedrichshafen am Bodensee