Auch im Corona-Jahr 2020 setzt sich in Großstädten der Trend zu mehr Auto fort
Mobilität Bemerkenswert ist dabei, dass dieser Trend nicht auf ländliche Regionen konzentriert ist, wo oftmals schlechte öffentliche Verkehrsinfrastrukturen vorliegen, sondern auch in den Großstädten – in denen pausenlos Busse und Bahnen unterwegs sind – greifen die Menschen öfter zum Auto.
Corona mag eine Rolle gespielt haben, aber der oft behauptete Trend „weg vom Auto“ ist nicht zu erkennen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Menschen wollen mehr Auto, auch wenn sie damit weniger Kilometer zurücklegen wie Abb. 1b zeigt.
So wurden im Durchschnitt pro Pkw in Deutschland im Jahre 2014 noch 14 111 km jährlich zurückgelegt. Im Jahre 2019 waren es noch 13 602. Dabei gibt es eine deutliche Korrelation: je älter das Fahrzeug, umso geringer die Jahresfahrleistung. Die Daten bestätigen den Trend, dass die Menschen im Schnitt weniger Kilometer fahren, aber sie schätzen mehr Auto. So stieg die Zahl der Pkws auf Deutschlands Straßen bis zum 1.1.2021 auf 48,2 Millionen Fahrzeuge. Damit entfielen auf 1000 Einwohner 580 Pkw. Die Pkw- Dichte war noch nie so hoch wie im Jahr 2021. Und auch zeigt sich im Trend, dass die Pkw-Dichte kontinuierlich wächst. Dabei war 2019 kein besonderer Corona-Effekt erkennbar. Um fünf Fahrzeuge auf 580 Pkw stieg die Pkw-Dichte im Corona-Jahre 2020. In den Vorjahren waren die jährlichen Steigerungen zu Teil deutlich höher. Die Daten zeigen, die oftmals behauptete Entwicklung, die Deutschen wollen weg von Auto, ist falsch.
Pkw-Besitz in Großstädten steigt weiter
Abb.2 zeigt die Entwicklung in deutschen Großstädten. In Berlin waren am 1.1.2021 1,285 Mio. Pkw angemeldet. Das waren 1,1% oder 13 212 Pkw mehr als im Vorjahr. Damit stieg die Pkw-Dichte in der Stadt Berlin auf 336 Pkw pro 1000 Einwohner gegenüber 335 im Jahr 2020.
Gleiches gilt für Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart, Dortmund – also insgesamt 22 Großstädte unter den 25 ausgewählten Großstädte der Abb. 2. Die Menschen in den Großstädten haben im Jahr 2021 ihren Pkw- Besitz vergrößert. Busse, Bahnen, Taxen, CarSharer, Vermieter, Radwege … alles schön und gut, aber das eigene Auto vor der Haustür scheint in Großstädten unschlagbar. Selbst unter Berücksichtigung der Zuwanderung in Großstädten gilt, der Autobesitz pro 1000 Einwohner steigt. So waren am 1.1.2021 in den 25 aufgeführten Großstädten 8,002 Millionen Pkw auf der Straße. Das waren 49 394 Pkw oder 0,6% mehr als im Vorjahr. Die Pkw-Dichte stieg zum 1.11.2021 von 450 auf 451 Pkw/1000 Einwohner.
Autostädte München, Wolfsburg, Ingolstadt nehmen Autos von der Straße
Kurios, während in den „normalen“ Großstädten die Pkw-Zahl auf den Straßen zum 1.1.2021 anstieg, wurden ausgerechnet in den Autohochburgen München, Wolfsburg und Ingolstadt „Autos von der Straße genommen“. In München sank der Pkw-Bestand um 1,1% oder 8199 Autos, in Wolfsburg um 1,7% oder 2390 und in Ingolstadt um 3,4% oder 3378 Pkw. Ins Bild passt dabei, dass auch in den Autostädten Stuttgart (+0,3%), Braunschweig (+0,1%) und Köln (+0,3%) die Zuwachsraten klein waren. Hier macht sich nach unserer Einschätzung jetzt Corona bemerkbar. Ein Großteil der Fahrzeuge in den Autohochburgen sind Dienstwagen. In Zeiten des Lockdowns braucht man offensichtlich weniger davon. Man kann im Verlauf des Jahres 2021 damit rechnen, dass der „Schwund“ wieder ersetzt wird und zum 1.1.2022 die drei Autostädte den Rückgang wieder kompensieren oder gar überkompensieren.
Fazit: Auto und Rad – sowohl als auch
Das Ergebnis unserer Studie zeigt klar, dass die Menschen auch in den Großstädten das Auto schätzen. Man fährt weniger, aber das Auto 24/7 bringt Komfort, den sich heute jeder leisten kann. Da man weniger fährt, nutzen die Menschen alternative Verkehrsmittel. Dem Rad kommt dabei eine besondere Rolle zu. Verkehrspolitik in den Großstädten ist also kein „Entweder-Oder“, sondern ein „Sowohl-Als auch“. Wer es als „Entweder-Oder“ definiert, läuft Gefahr, im politischen Prozess seinen Einfluss zu verlieren. Eine Politik gegen das Auto macht daher wenig Sinn. Aber eine reine Autopolitik funktioniert auch nicht. Wichtig ist, in den Städten den Umstieg aufs Elektroauto schneller zu schaffen. Dabei spielt Ladeinfrastruktur in den Stadtzentren eine Schlüsselrolle. Wichtig ist aber auch, die Lebensqualität in den Stadtzentren zu erhöhen. Dabei spielen gute und sichere Rad- und Fußwege eine Schlüsselrolle. Bleibt die Frage, wie man beides beim engen Raumangebot „unter einen Hut“ bringt. Eine Antwort kann sein, die Städte stärker in die Breite, in die Fläche wachsen zu lassen. Verdichtung von Wohnflächen klingt gut, aber bringt unsere Infrastruktur ins Ungleichgewicht.
Land und Raum ist eine kostbare Ressource. Daher sollten wir wertsteigernd mit ihr umgehen. Die Stadt der Zukunft ist eine „durchdigitalisierte“ Stadt. Damit werden Verkehrsbewegungen eher „verkleinert“. Damit können wir es uns mit emissionslosen und leisen Verkehrsträgern erlauben, stärker in die Fläche zu laufen.