AdTech - Bereich im Wandel - Worauf die Branche jetzt achten sollte

AdTech - Bereich im Wandel - Worauf die Branche jetzt achten sollte

Interview Die Digitalwirtschaft steht vor neuen Herausforderungen, große Fragen treiben die Branche um. Unter anderem: Wie lässt sich Werbung effektiv messen, was hat Attention (Aufmerksamkeit) damit zu tun und welche Bedeutung hat eigentlich Nachhaltigkeit in der Digitalwirtschaft? Im Interview gibt Caroline Hugonenc, Vice President Research bei Teads, einen Einblick in die aktuellen Trends und Entwicklungen.

Welche Neuigkeiten gibt es vom Werbefilmfestival Cannes?
Auf dem Cannes Lions International Festival of Creativity kommen traditionell die größten Werbungtreibenden der Welt zusammen, um ihre Kampagnen und die kreativen Ideen dahinter zu präsentieren. Kreativität ist das A und O für eine erfolgreiche Kampagne, zwei Drittel des Erfolgs lassen sich darauf zurückführen. Allerdings darf der Feinschliff nicht vergessen werden: Ganzheitlich betrachtet, funktioniert eine digitale Kampagne nur gut, wenn sie auf das jeweilige Device und das Umfeld angepasst wird. Noch immer werden Werbefilme, die für das Kino oder TV produziert worden waren, stumpf ins Internet verlängert - Potenziale der Werbewirksamkeit gehen hierdurch verloren.

Welchen Herausforderungen stellt sich aktuell die deutsche Digitalwirtschaft?
Neben dem Dauerbrenner „kreative Optimierung“ sind wichtige Themen in diesem Jahr die Messung der Werbewirkung, Cookieless Future sowie nachhaltige und verantwortungsvolle Werbung, Stichwort: Responsible Advertising. Die Wirkung von Werbung zu messen, war noch nie leicht. Bisher war Viewability die zentrale Größe. Diese rein technische Messung reicht für die Beurteilung guter Werbewirkung jedoch nicht mehr aus. Mit Attention (Aufmerksamkeit) hält eine neue Metrik Einzug, die die Qualität der Medienpräsenz besser erfassen soll.

Caroline Hugonenc

leitet als Vice President Research alle globalen Forschungsprojekte für Teads. Darunter fallen unter anderem Untersuchungen, die gemeinsam mit Kunden im Rahmen von Werbekampagnen umgesetzt werden, um beispielsweise die Werbewirkung bestimmter Anzeigen zu bewerten. Darüber hinaus führt Teads unter der Leitung von Caroline Hugonenc regelmäßig globale Studien durch, die das Konsumentenverhalten insgesamt beleuchten, darunter zum Beispiel eine Studie dazu, welche Bereiche des Gehirns von bestimmten Werbeformaten in unterschiedlichem Kontext aktiviert werden. Diese Projekte unterstreichen den Anspruch von Teads, den Werbemarkt aktiv mitzugestalten und weiterzuentwickeln.

Welche Auswirkungen hat die Attention-Economy für den deutschen Werbemarkt?
Die Frage der Messbarkeit beschäftigt Akteure im Medien-Ökosystem schon seit einer Weile. Klar ist: Viewability wurde zu lange verwendet, um ein vollständiges Bild der Werbewirkung zu zeichnen. Der nächste Schritt in der Online-Werbemessung ist längst überfällig. Media-Agenturen arbeiten, auch zusammen mit Teads, bereits an diesem Problem und entwickeln Methoden zur Messung von User- Attention, die die Werbebudgets der Kampagnen in Umgebungen einsetzen, die einen tatsächlichen Mehrwert bieten.

Aufmerksamkeit wird also die neue Währung. Wie lässt sich Attention denn genau messen?
Das menschliche Gehirn ist so programmiert, dass wir Informationen, die wir interessant finden, mehr Aufmerksamkeit schenken. Weiterführend bedeutet das, dass Anzeigen mit kontextueller Relevanz für den Themeninhalt, in dem sie erscheinen, mehr Aufmerksamkeit erhalten. Bei Live-Kampagnen kann man dies bereits gut beobachten. Integral Ad Science (IAS) führte in den USA eine Studie zusammen mit Neuroinsights durch, die zeigte, dass sich Kon- sumenten an Anzeigen, die auf den kontextuellen Inhalt abgestimmt waren, um 23% besser an Details und um 27% besser an das Gesamtbild erinnerten als an Anzeigen, die nicht darauf abgestimmt waren. Ebenso wurde nachgewiesen, dass Anzeigen, die auf den Kontext abgestimmt sind, eine bessere Markenwirkung haben. Für Mediaplaner bringt das neue Strategien, die sowohl auf Viewability basieren als auch neue Metriken der Aufmerksamkeitsökonomie beinhalten.

Das menschliche Gehirn ist so programmiert, dass wir Informationen, die wir interessant finden, mehr Aufmerksamkeit schenken.

Welche Schlüsselfaktoren spielen hierbei eine entscheidende Rolle?
An erster Stelle steht eindeutig die Verweildauer der Nutzer im Kontext des Artikels, den sie gerade lesen, wobei Video- und Display-Anzeigen quantitativ von einer guten Verweildauer profitieren. Langsame Medienumgebungen, wie beispielsweise redaktionelle Inhalte im Gegensatz zu Social Media, führen zu einem hohen Nutzerinteresse an qualitativ hochwertigen Inhalten. Daraus resultiert ein langsames Herunterscrollen der Seite und eine durchschnittliche Betrachtungsdauer der Werbemittel von 12,2 Sekunden.

Unsere globale Reichweite bei Premium-Publishern wird dazu beitragen, das Verständnis für Attention zu verbessern.

An zweiter Stelle steht die Freiwilligkeit der Nutzer. Erzwungene, nicht überspringbare Anzeigen erhalten mehr Aufmerksamkeit als solche, die leicht ignoriert werden können. Wenn Verbraucher jedoch freiwillig eine Anzeige ansehen, hat dies einen erheblichen Einfluss auf die Branding-Kennzahlen, unabhängig davon, ob das Werbemittel zwei oder zwanzig Sekunden lang betrachtet wurde. Formate, die Aufmerksamkeit erregt haben, erzielen bessere und schnellere Ergebnisse beim Markenwachstum als Formate, bei denen die Aufmerksamkeit erzwungen wird.
An dritter Stelle entscheidet die Kreativität des Werbemittels. Obwohl die Bedeutung von Kreativität für die Wirksamkeit von Werbung gut dokumentiert ist, bleibt es wichtig, ihre Auswirkungen im Rahmen der Attention-Economy (Aufmerksamkeitsökonomie) zu messen, denn Kreativität ist der bei Weitem wichtigste Faktor für die Aufmerksamkeit.

Ohne die Kreativen geht es nicht, ist denn Kreativität auch messbar?
Am Ende sind alle Faktoren entscheidend, dennoch kann der Unterschied zwischen guter und schlechter Kreativität das Erinnerungsvermögen um 17% positiv beeinflussen. Ein auf „Attention-optimiertes Video- Werbemittel“ erzielt sogar eine rund 50% höhere Aufmerksamkeit im Vergleich zum Originalspot, der im TV gelaufen ist. Als letzter wichtiger Faktor kommt die Relevanz des Kontexts dazu. Die Platzierung von Anzeigen in einem für Nutzer relevanten Kontext erhöht die Anzahl der Aufmerksamkeits-Sekunden pro 1000 (Aufmerksamkeits-Sekunden) um 13%.
Um die Messung von Attention auf ein neues Level zu heben, starten wir aktuell das „Teads Attention Program“. Das Programm ermöglicht Marken ein optimales Multi-Screen-Reporting von Attention im Teads Ad Manager. Dabei kooperieren wir mit Partnern wie Adelaide, Lumen und Realeyes, die Marktführer im Bereich der Werbewirkungsmessung sind. Unsere globale Reichweite bei Premium- Publishern wird dazu beitragen, das Verständnis für Attention zu verbessern. Media-Einkäufer werden auf Attention planen, kaufen, optimieren und qualifizieren können, um letztendlich eine bessere Rendite für alle Media-Investitionen zu erzielen.

In Cannes konnten wir auch alle sehen, wie Greenpeace das Festival kaperte, um auf „Sustainability in der Werbung“ hinzuweisen. Wie kann Online-Werbung nachhaltig werden?
Wir sprechen in diesem Zusammenhang von „Advertise Responsibility“ und betrachten das Thema in drei Säulen. Erstens Brand-Safety, also die rein technische Sicherstellung, dass die Marke in einem sauberen Umfeld stattfindet. Die zweite Säule stellt die Brand-Suitability dar. Brand-Suitability basiert auf der semantischen Analyse des Umfeldes, um Marken ein jeweiliges passendes Umfeld zu gewährleisten. Der dritte Punkt ist die Brand-Responsibility, also Markenverantwortung, die dazu beitragen soll, mit Werbung Qualitätsjournalismus zu finanzieren und somit das Open Web frei, unabhängig und vielfältig zu halten. Werbung läuft hierbei nicht im Umfeld von User-Generated-Content.

Sollte die Werbebranche bei Nachhaltigkeits- und Gesellschaftsthemen Verantwortung übernehmen?
Wenn nicht wir, wer dann? Wir finden schließlich im Bereich tagesaktueller Medien statt. Das Thema geht alle etwas an, auch die Werbeindustrie kann sich nicht verstecken. Es gilt, einen gemeinsamen Weg zu finden, um Nachhaltigkeits- und Gesellschaftsthemen vorantreiben zu können. Hierbei geht es nicht immer um Umweltschutz, sondern auch um soziale Projekte. Teads hat hierfür das Programm „Teads Care“ ins Leben gerufen. Ein prozentualer Anteil des Kampagnenbudgets des Advertisers wird hierbei zur Seite gelegt, welches Teads auf das Doppelte aufstockt. Das Werbemittel wird mit einer Banderole „Dieses Werbemittel unterstützt Projekt XY“ versehen. Die Spende geben wir der entsprechenden Organisation als Free Media auf unserer Plattform, bauen mit ihr bei Bedarf auch das Werbemittel und spielen es in Premium-Umfeldern aus.

Letzte Frage: Wie gestaltet Teads die eigene Sustainability?
Selbstverständlich gehen auch wir bei der Reduktion des CO2-Abdrucks mit gutem Beispiel voran: Unser Engineering-Team in Frankreich entwickelt Lösungen, den Anteil einer Kampagne am CO2-Ausstoß zu bemessen und eventuell auszugleichen. Ein wesentlicher Faktor für einen hohen CO2-Abdruck ist das Werbemittel als solches, denn je größer die Datei ist, desto mehr Energie wird für diese benötigt. Außerdem spielt die Anzahl der Partner im Kampagnenprozess eine große Rolle. Je mehr aus einer Hand stammt, desto weniger Serverleistung kommt zum Tragen. Das Thema ist jedoch sehr komplex, da es beispielsweise auch auf den verwendeten Strom, die Bürofläche des Unternehmens oder das Land ankommt, in dem die Server stehen. Unser Team konzentriert sich daher auf die Ausspielung der Werbemittel an sich. Momentan können wir bereits Empfehlungen geben, wie ein Creative aussehen muss, um weniger Emissionen zu verursachen.

Ein auf ‚Attentionoptimiertes Video-Werbemittel‘ erzielt sogar eine rund 50% höhere Aufmerksamkeit im Vergleich zum Originalspot, der im TV gelaufen ist.

Auf unserer Mediaplattform bilden wir alle Ebenen der Wertschöpfungskette ab und reduzieren damit die Komplexität und Anzahl der Beteiligten. Damit bieten wir schon heute der Branche eine nachhaltige Lösung.

 

Autorin(nen) / Autor(en):
Vice President Research
Teads