Neuro-Marketing: Was Kunden am PoS wirklich wollen

Neuro-Marketing: Was Kunden am PoS wirklich wollen

Entscheidet der Konsument von heute nicht zunehmend bewusst und rational? Sind nicht alle Kunden gleich? Die Hirnforschung hat darauf eine klare Antwort: Der Konsument entscheidet weder bewusst noch rational. Einkaufsentscheidungen werden zu über 70 Prozent unbewusst getroffen, und alle Einkaufsentscheidungen sind emotional.

Dank der modernen Gehirnforschung weiß man heute darüber, was im Kopf von Kunden vorgeht, sehr viel mehr als noch vor kurzem. Doch welche Emotionen und Motive bestimmen das Einkaufsverhalten? Auf Basis aktuellster Erkenntnisse der Neuro-Biologie und Neuro-Psychologie hat die Gruppe Nymphenburg die Struktur der Motivund Emotionssysteme im Gehirn entschlüsselt. Drei große Motivsysteme prägen das menschliche Handeln und damit auch die Erwartungen an den PoS:

  • Das Balance-System, zuständig für Sicherheit, Bewahrung und Ordnung
  • Das Dominanz-System, zuständig für Durchsetzung, Macht, Effizienz und Autonomie
  • Das Stimulanz-System, zuständig für Entdeckung, Neugier und Genuss.
Easy-, Efficient- und Experimental Shopping

Hinter diesem Motivsystem stehen nun unterschiedliche Erwartungen an den PoS bzw. auch unterschiedliche Einkaufsverhaltensweisen. Beginnen wir mit dem „Easy Shopping“.
 

Easy Shopping
Hier führt die Balance-Kraft die Regie im Kundengehirn. Sie fordert einfaches und bequemes Einkaufen. Funktionale Warenpräsentation und möglichst eine einfache Wegeführung, die schnelle Orientierung ermöglicht. Die Balance-Kraft bevorzugt einfache Produkte mit verlässlicher Qualität zu berechenbaren niedrigen Preisen (Dauer-Niedrigpreis), zudem verunsichert eine große Artikelauswahl das Balance-System im Gehirn.

Efficient- & Exclusive Shopping:
Hier ist das Dominanz- System die treibende Kraft. Sie wünscht sich bei Waren des täglichen Bedarfs schnelles und hocheffizientes Einkaufen, ohne Wartezeiten. Die Selbstbedienung wird der Bedienung vorgezogen, weil Selbstbedienung die eigene Autonomie stärkt und die Abhängigkeit von einer Bedienungskraft reduziert. Erwartet wird eine mittlere Auswahl, die die wichtigsten Varianten und Funktionen abdeckt. Aggressive Kampfpreise und Rabatte sprechen das Dominanz-System im Gehirn besonders an. Bei Produkten mit demonstrativem Lifestyle-Charakter wie z.B. Mode, Möbel etc. hat das Dominanz-System eine andere Erwartung. Hier geht es um Exklusivität und die Möglichkeit, durch die Wahl des Einkaufsortes Status und Macht zu reklamieren.

Experimental Shopping:
Fast das genaue Gegenteil des Balance- und Dominanz- Systems wünscht sich das Stimulanz-System, das die treibende Kraft für Experimental-Shopping ist. Das Stimulanz-System wird durch genuss- bzw. erlebnisorientierte Warenpräsentation z.B. in Bedien-Inseln angesprochen, es sucht Abwechslung und Erlebnis auf der Verkaufsfläche. Zudem kann die Auswahl gar nicht groß genug sein. Und während das Balance-System mit Handelsmarken zufrieden ist, bevorzugt das Stimulanz- System Herstellermarken mit besonders starker Genuss-/ Erlebnis-Betonung.
Betrachtet man nun die drei Erwartungswelten genauer, spürt man deutlich, dass offensichtlich starke Widersprüche im Gehirn des Konsumenten vorhanden sind. Was also soll der Handel tun? Des Rätsels Lösung liegt darin, dass Konsumenten keine Einheitsmenschen sind, sondern sich in stabilen Motiv-Merkmalen unterscheiden.

Gehirntypen: Konsumenten unterscheiden sich in ihren Präferenzen.
Die Motiv- und Emotionssysteme, die wir gerade kennen gelernt haben, sind bei Konsumenten in ihrer Stärke sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt Konsumenten, die haben beispielsweise ein besonders stark ausgeprägtes Dominanz-System. Diese nennen wir Performer. Diese Konsumenten sind besonders mit Effi-cient- & Exclusive Shopping-Konzepten zu gewinnen. Bei anderen Konsumenten ist die Balance-Kraft die stärkste Kraft im Kopf. Sie nennen wir Bewahrer. Dieser Konsumententyp sucht Sicherheit und ist durch ein konsequentes Easy-Shopping-Angebot zu gewinnen. Bei Hedonisten und Genießern dagegen ist das Stimulanz-System die vorherrschende Kraft im Gehirn: Sie bevorzugen Einkaufsstätten mit Experimental- Shopping-Charakter.
Wie unsere Untersuchungen bei einigen Tausend Konsumenten zeigen, haben fast alle Konsumenten einen eindeutigen Emotionsschwerpunkt im Gehirn.

Brain View – Warum Kunden kaufen

von Dr. Hans-Georg Häusel, 263 Seiten, Hardcover, 29,80 €, Haufe-Verlag 2008.