Informations-Junkies und Marktexperten

Informations-Junkies und Marktexperten

Unser Interesse für ein Thema steuert unser Informationsverhalten maßgeblich. Das gilt ganz besonders für unsere Hobbys. Wer sich leidenschaftlich und dauerhaft mit einem Thema beschäftigt, sucht in allerhand Quellen nach neuen Informationen und reift mit der Zeit zum Experten und Ratgeber heran. Echte Themenenthusiasten werden zu wichtigen Zielgruppen für die Unternehmen der jeweiligen Branche, weil sie selbst besonders viel Geld in die Hand nehmen, weil sie Neues als Erste ausprobieren und weil sie Neueinsteiger und weniger erfahrene Personen beraten.

Soll’s ein Freeride-Ski, ein Allmountain-Ski, ein Race-, Slalom-, Sport- oder Genuss-Carver sein? Eher für Anfänger oder für Fortgeschrittene geeignet? Mit Rocker oder ohne? Und welche Länge, welcher Radius, welche Taillierung? Irgendwelche Vorlieben bei Flex und Torsion?
Die Vorfreude auf ein paar genussvolle Skitage mit neuer Ausrüstung kann einem im Sportgeschäft schon mal vergehen. Dutzende Variationen der Bretter stehen Seit an Seit zur Auswahl – alle auf ganz bestimmte Anforderungen zugeschnitten. Der Verbraucher muss aus dieser erschlagenden Vielfalt den richtigen Ski herausfiltern. Im Idealfall hat er bereits eine Vorstellung, welche Modelle in die engere Wahl kommen, vielleicht hat er das eine oder andere Paar schon getestet und wird durch einen Freund oder einen kompetenten Mitarbeiter des Sportgeschäfts uneigennützig beraten. Aber ob die Auswahl die richtige war, zeigt sich erst im Schnee.
Ob es nun neue Skimodelle, veränderte Reifengrößen beim Mountainbike oder beheizbare Pferdedecken sind – in ganz verschiedenen Branchen fluten die Unternehmen die Verkaufsräume alljährlich mit echten und vermeintlichen Innovationen. Sie versprechen uns noch mehr Spaß, Geschwindigkeit oder Komfort, indem sie mit ihren Produktentwicklungen bestehende Segmente erweitern und manchmal auch neue Marktnischen erzeugen. Den Verbrauchern bleibt diese Warenflut nicht verborgen. Über 40 Prozent der Deutschen stellen fest, dass rund um ihr Hobby ständig neue Produkte auf den Markt kommen. Besonders kurz sind die Intervalle in den Branchen Mode und Unterhaltungselektronik. Hier beobachten rund 80 Prozent der befragten Spezialisten eine hohe Innovationsgeschwindigkeit.

Wissensdurstig

Trotz dieser Vielfalt an Produkten und Neuheiten finden sich die Konsumenten in den Märkten rund um ihr Hobby relativ gut zurecht. Nur 15 Prozent stimmen der Aussage zu: „Es fällt mir schwer, den Überblick über die Produkte und Angebote zu behalten.“ Der Grund hierfür: Die Allermeisten informieren sich aktiv über ihr Lieblingsthema. 86 Prozent suchen häufig oder zumindest gelegentlich nach neuen Informationen. Sie erkennen dadurch frühzeitig, welche Trends sich abzeichnen, und was sich auf den Märkten und in den Läden tut.
Für alle, die in der Community mitreden wollen, ist diese regelmäßige Weiterbildung auch ein absolutes Muss. Informationen zu suchen und sich anzueignen, empfinden sie dabei nicht als mühsam, lästig oder aufwendig, ganz im Gegenteil. Es bereitet ihnen Freude und gehört ganz selbstverständlich zum Hobby dazu, Zeitschriften zu lesen oder auf Websites zu recherchieren und dabei voll und ganz ins Thema einzutauchen. Dabei gilt: Wissensdurst und emotionale Bindung an ein Thema hängen eng miteinander zusammen. Wer sein Hobby voller Leidenschaft betreibt, der informiert sich besonders häufig, nutzt eine größere Vielfalt an Quellen und verfügt deshalb in der Regel auch über ein besonders ausgeprägtes Fachwissen.
Anreize, sich ausgiebig zu informieren und zum Experten für sein Hobby heranzureifen, bestehen zur Genüge: Umfangreiche Produkt- und Fachkenntnisse sind nützlich, wenn man sich selbst neues Equipment zulegen will. Wer für hilfreiche Tipps und Ratschläge bereitsteht, sammelt aber natürlich auch bei Freunden und Bekannten Pluspunkte. Außerdem kann nur derjenige genüsslich mit anderen fachsimpeln, der aktuelle Entwicklungen regelmäßig verfolgt. Manchmal wird der Wunsch, sich in einem Markt richtig gut auszukennen sogar zum Wert für sich: Fragt man z.B. Auto-Interessierte, warum sie sich eigentlich mit Autos beschäftigen, so sagt fast jeder Zweite: „Es ändert sich viel in diesem Bereich und ich möchte einfach auf dem Laufenden bleiben.“

Differenzierte Mediennutzung – spezielle Themen erfordern spezielle Informationswege

Um sich auf dem aktuellen Stand zu halten, ziehen die Deutschen ganz verschiedene Informationsquellen heran. Ganz vorne liegen Gespräche, Fernsehbeiträge und spezielle Zeitschriften. Der Medienmix, auf den die Befragten zurückgreifen, variiert dabei je nach Interessengebiet. So gewinnen z.B. drei Viertel aller Hobbyköche Anregungen durch die reichlich vorhandenen Kochsendungen im deutschen Fernsehen. Auch unter den Tennis- und Motorsport-Fans verfolgen fast alle regelmäßig die TV-Berichterstattung, zusätzlich greifen viele auf vertiefende Informationen aus speziellen Printmedien zurück. Hingegen sind TV-Sendungen zu Themen wie Modellbau, Raubfischangeln, Jagen oder Youngtimer-Fahrzeuge im deutschen Fernsehen Mangelware, weshalb die Gattung als Informationsquelle gar nicht infrage kommt. In diesen Gebieten mit eher kleinen Zielgruppen steigt die prozentuale Reichweite von Special-Interest-Medien und Internetangeboten deutlich an. In den meisten dieser „Very- Special-Interest“-Bereiche sind Zeitschriften deshalb mediale Informationsquelle Nummer eins.

Qualitätsjournalismus für Spezialisten

Meinungen und Beratungsangebote rund um das Hobby gibt es in rauen Mengen. Ein Verkäufer wird z.B. nie darum verlegen sein, Produkte zu empfehlen. Und auch in Blogs und Foren finden sich zahlreiche Bewertungen und Kauftipps. Aber kann man auf diese Empfehlungen vertrauen? Wie genau ein Verbraucher seine eigene Position zu Produkten ausrichtet, hängt in hohem Maße davon ab, wie er die Qualität und die Unabhängigkeit seiner Informationsquellen einschätzt.
Lässt man die Befragten die Qualität verschiedener Informationsangebote hinsichtlich Neuigkeitswert und Vertrauenswürdigkeit bewerten, so belegen spezielle Zeitschriften eindeutig die Spitzenposition. Rund vierzig Prozent sehen in ihnen einen ausgezeichneten Lieferanten für Neuigkeiten rund um das Hobby. Ebenso viele bescheinigen den Special-Interest-Titeln eine besonders glaubwürdige und vertrauenswürdige Berichterstattung. In einigen Themengebieten wie Angeln, Reiten oder Wohnwagen und Reisemobile steigen diese Werte sogar auf über 80 Prozent.
Spezielle Zeitschriften transportieren Innovationen in die Community, sie begleiten neue Entwicklungen kritisch und unabhängig, weshalb sie unter den Experten in den jeweiligen Gebieten ganz besonders geschätzt werden. In einigen Themenbereichen erreicht die Gattung der Special-Interest-Zeitschriften deswegen auch mehr als drei Viertel der hochgradig Themenaffinen.

Special-Interest-Angebote online und offline gefragt

Die Deutschen schätzen Special-Interest-Zeitschriften als qualitativ hochwertige Informationsquelle. Und das, obwohl seit Jahren über einen Bedeutungsverlust von Printmedien diskutiert wird. Auch bei sehr speziellen Themen existieren zahlreiche Internetportale, auf denen kostenlos Informationen abrufbar sind. Werden diese Webangebote, wie häufig prognostiziert, von jüngeren Zielgruppen als Alternative zu kostenpflichtigen Zeitschriftenangeboten wahrgenommen?
Tatsächlich hängt es stark vom Alter ab, ob sich die Befragten im Netz über ihr Hobby informieren. 56 Prozent der 14- bis 39-Jährigen besuchen regelmäßig spezielle Websites – fast doppelt so viele wie in der Generation 50plus. Von den älteren Befragten werden hingegen spezielle Zeitschriften häufiger genutzt, die Unterschiede zu den jüngeren Zielgruppen fallen hier aber deutlich geringer aus, denn auch unter den 14- bis 39-Jährigen bleiben 37 Prozent den Printmedien treu. Nur bei einem geringen Anteil der jüngeren Befragten ersetzt die verstärkte Aktivität im Netz also das Lesen von speziellen Zeitschriften. Dies mag auch an den unterschiedlichen Funktionen von Printmedien und Internetangeboten liegen. Beim Lesen von Zeitschriften eignet man sich in regelmäßigem Turnus umfangreiches Hintergrundwissen über Neuigkeiten und Produktinnovationen an, wohingegen im Internet ganz gezielt und aktiv gesucht wird – oder wie es Prof. Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach formuliert: „Das Internet ist das Medium der gezielten Informationssuche. Die Mehrheit, die das Internet zur Information benutzt, will etwas Konkretes erfahren. Zur regelmäßigen Information wird es weniger genutzt.“
Die Zahlen verdeutlichen zudem: Auch wenn die Befragten je nach Lebensalter auf unterschiedliche Kanäle zurückgreifen – der Bedarf nach Informationen zum eigenen Hobby liegt in allen Generationen auf hohem Niveau. Und: In puncto Glaubwürdigkeit haben Internetangebote noch Nachholbedarf. Selbst in jüngeren Zielgruppen besetzen Printmedien hier nach wie vor die Spitzenposition.

Zukunftsweisend: die Kaufentscheidung

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man das Wissen über Produkte, Märkte und Neuerungen in konkrete Kaufentscheidungen umsetzen muss. Anlässe für neue Anschaffungen gibt es zuhauf: Wenn man am Wochenende wieder mal mit dem betagten Rennrad nah am Maximalpuls den Berg hochgestrampelt ist, während die Kumpels grinsend auf ihren High-Tech- Sportgeräten mit Carbonrahmen vorbeigezogen sind, wenn das Geld für das lang ersehnte Reisemobil nach Jahren endlich zusammengespart ist, oder wenn sich die Sohle der Laufschuhe plötzlich ablöst. Die Auswahl des konkreten Produkts ist dabei eine richtungsweisende Entscheidung, denn das Equipment ist häufig teuer. Es muss zu einem passen und außerdem strapazierfähig sein.
Selbst wenn es häufig um vier- oder gar fünfstellige Beträge geht – die Deutschen investieren gerne in ihr Hobby. Eine qualitativ hochwertige Ausrüstung erhöht den Spaßfaktor, in manchen Bereichen ist sie sogar überlebenswichtig: Wenn die Sicherungsausrüstung beim Klettern nicht zuverlässig funktioniert oder sich unter Wasser die Tauchmaske löst, sind kritische Situationen vorprogrammiert. Dementsprechend geben unter den Kletterern und Tauchern auch rund 70 Prozent der Befragten an, dass sie penibel auf Produktqualität achten. Interessenübergreifend sind es etwa 30 Prozent, wobei auch hier gilt: Die wirklich leidenschaftlich Interessierten agieren gleichzeitig besonders qualitätsbewusst und kaufen auch überdurchschnittlich gerne im Fachhandel ein.
Die wichtigsten Anhaltspunkte für den Kauf liefern Szene-Kenner: Zum einen sind das Fachleute und Verkäufer, die für persönliche Gespräche bereitstehen, zum anderen Journalisten, die in ihren Artikeln, Tests und Geschichten in themenbezogenen Publikationen Kaufempfehlungen abgeben. Internetangebote werden häufig ergänzend zur Kaufvorbereitung genutzt. Dies gilt vor allem für Websites von speziellen Zeitschriften sowie für andere Websites zum Thema. In einigen Bereichen wie Fotografie oder Auto-Tuning finden rund 30 Prozent der Befragten auch in Blogs und Foren wichtige Anregungen für den Kauf.

Auf alle Ausgaben vorbereitet

Einen Oldtimer oder ein Segelboot kauft man sich einmal, vielleicht auch zwei- oder dreimal im Leben. Sicherlich aber nicht jedes Jahr. Bücher, Gartenzubehör oder Futter für das Pferd stehen hingegen oft mehrmals monatlich, jedoch mit kleineren Beträgen auf der Einkaufsliste. Lässt man die Befragten schätzen, wie viel sie pro Jahr für ein Hobby ausgeben, das ihnen wichtig ist, so ergibt sich ein Durchschnittswert von 851 Euro. Bei jüngeren Befragten sitzt der Geldbeutel noch nicht ganz so locker – die Unter-30-Jährigen nehmen 566 Euro in die Hand, die Über-30-Jährigen geben hingegen 957 Euro aus. Da die Befragten in aller Regel mehrere Hobbys ausgiebig ausleben, liegt der Gesamtbetrag für die Ausgaben rund um Hobbys und Interessen um ein Vielfaches höher. Und auch in bestimmten Interessengebieten kommt man mit 850 Euro nicht wirklich weit. Wer z.B. seine Freizeit auf dem Flugplatz verbringt und sich für Kleinflugzeuge begeistert, nimmt pro Jahr fast 4.000 Euro in die Hand, auch Segel-Enthusiasten oder Pferdebesitzer geben erheblich mehr Geld aus.
Zwischen dem Ausgabenvolumen und den Informationsaktivitäten besteht dabei eine enge Verbindung: Wer viel Geld in sein Hobby investiert, informiert sich auch besonders intensiv. Befragte mit Ausgaben von über 1.000 Euro nutzen eine größere Vielfalt an Informationsquellen und sie bewerten auch die Qualität der Quellen anders als die sparsameren Befragten: Für die ausgabefreudige Zielgruppe sind z.B. spezielle Zeitschriften der mit Abstand bedeutendste Neuigkeitslieferant. Ihre Nähe zum Markt zeigt sich auch an der Vorliebe, Messen und Ausstellungen rund um das Hobby zu besuchen. Neue Produkte lernen sie frühzeitig über spezielle Medien und auf Messen kennen, nehmen sie in Augenschein und empfehlen sie bei Gefallen auch gerne weiter. Sie agieren somit als Schnittstelle zwischen den Märkten und anderen, weniger involvierten Verbrauchern.
Auffällig ist auch: Gespräche mit Bekannten und Freunden sind für die ausgabefreudigen Hobbyisten eher selten ein Quell für wirkliche Neuigkeiten – dennoch unterhalten sich viele von ihnen regelmäßig mit Freunden, Bekannten und Verwandten über ihr Hobby. In diesen Gesprächen übernehmen sie selbst eine Rolle als Multiplikatoren, sie agieren als unabhängige Ratgeber für andere. Wer Innovationen im Markt etablieren will, muss diese top-informierte und ausgabefreudige Zielgruppe erreichen und von sich überzeugen, denn sie steht im Zentrum der Community. Der Schlüssel zur Kontaktaufnahme sind Special-Interest- Medien, sie werden im Herzen der Szene nicht nur besonders ausgiebig genutzt, sondern genießen auch einen ausgezeichneten Ruf in Sachen Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit.

Bilder zum Artikel: