Erfolgsfaktor gesellschaftliches Engagement – CSR als wichtiger Bestandteil strategischer Markenführung

Erfolgsfaktor gesellschaftliches Engagement – CSR als wichtiger Bestandteil strategischer Markenführung

Nachhaltig wirtschaften, fair mit Beschäftigten umgehen, Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt übernehmen – das sind die Grundpfeiler von Corporate Social Responsibility (CSR). Längst ist CSR in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen; da sollte man meinen, dass Unternehmen die Bedeutung von CSR erkannt und in ihre Unternehmens- wie Marketingstrategie voll und ganz integriert haben. Dem scheint aber leider noch nicht so zu sein. Die Studie CSR auf dem Prüfstand 2012 zeigt, wie mehr oder weniger verantwortungsvoll einzelne Branchen und Marken aus Sicht der Verbraucher handeln. Der Spielraum für Management und Marketing ist demnach noch groß.

Finanzkrise, Lebensmittelskandale, Schlecker-Pleite und Fukushima – die Liste ließe sich weiter fortsetzen – haben dazu geführt, dass nachhaltiges und verantwortliches Handeln in der Gesellschaft ganz oben auf der Agenda steht. Auch die Medien haben die CSR-nahen Themen für sich entdeckt. Reporter reisen ins Ausland, um den Produktionsbedingungen internationaler Markenartikler wie Adidas oder H&M vor Ort nachzuspüren, Journalisten wie Günter Wallraff recherchieren undercover und heuern als Fahrer bei dem Paketzusteller GLS an, und die ARD macht den Coca-Cola- und Big-Mäc- Check. Die Folge: Der Verbraucher ist gewarnt, verunsichert und enttäuscht zugleich und reagiert zunehmend sensibel auf Marken-, Wahl- und sonstige Versprechen. Die Deutschen werden immer kritischer, wie die aktuelle Studie CSR auf dem Prüfstand 2012 belegt. Umso entscheidender ist es für Markenartikler, Wissen darüber zu haben, wie die Deutschen ticken, welches Verständnis sie von Nachhaltigkeit entwickelt haben und welche Forderungen sie an Unternehmen und Produkte stellen.

Was die Deutschen von Unternehmen jetzt erwarten

Unternehmen und Marken sind ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft – und damit auch zunehmend Verantwortungsträger für die Lösung der Probleme dieser Gesellschaft. Doch was sich bei den Untersuchungen von Icon Added Value 2007 und 2010 schon abzeichnete, tritt jetzt 2012 noch drastischer in den Vordergrund: Die Frage nach den Schuldigen der Wirtschafts- und Finanzkrise und der Umweltthematik ist geblieben; und sowohl bei Branchen als auch bei Marken ist ein generelles Abrutschen in der Bewertung des verantwortungsvollen Handelns zu verzeichnen. Haben Management und Marketing den Trend etwa verschlafen, die Brisanz der zu bewältigenden Probleme und Verbraucheransprüche an unternehmerisches Handeln unterschätzt? Denn Gerechtigkeit und Fairness im Sozialen ziehen sich wie ein roter Faden durch die wichtigsten Zukunftsthemen. Und mit Gerechtigkeit ist nicht nur die hierzulande gemeint, auch mit und in der Dritten Welt können Unternehmen nicht mehr so weitermachen wie bisher. Die weiteren Schwerpunkte Klimawandel bzw. Förderung alternativer Energien oder Wirtschaftsethik gäben Unternehmen und Marken eigentlich ausreichend Möglichkeit, sich zu profilieren und vom Wettbewerb vorbildhaft abzusetzen. Und warum geschieht das dann so wenig?

Keine Branche bleibt verschont

Enttäuschung macht sich breit, wenn das verantwortungsvolle Handeln von Branchen bewertet wird: Von 18 Branchen gibt es nur drei „Gute“ mit Einzelhandel, Haushaltsgeräte und IT. Automobil hat sich als „Polarisierende“ vom 2007er-CO2-Buhmann-Image etwas erholt. Aber es gibt 14 „schlechte“ Branchen mit Mineralöl als Schlusslicht, noch hinter den Finanzdienstleistern. Und auch die Food-Branche hat mit einem Negativ-Image zu kämpfen.
Ein kleiner Trost ist, dass selbst in kritischen Branchen, wie bei Banken und Versicherungen, vereinzelt „Gute“ ausgemacht werden konnten, also Marken, die aus Sicht der Deutschen verantwortungsvoll handeln. Licht am Horizont sind auch die positiven Studienergebnisse, dass kleine und mittelständische Unternehmen durchaus als verantwortungsvoll Handelnde gesehen werden – ganz nach dem Motto „small is beautiful“. Großunternehmen vertraut man nicht! Ein Potenzial für den Mittelstand und die Kleinen, eine Herausforderung für die Großen! Ebenso wenig zu unterschätzen ist das Herkunftsland einer Marke, denn die Deutschen halten deutsche Unternehmen für wesentlich vertrauenswürdiger als ausländische. Es ist also nach wie vor Zeit für mehr „I‘m from Germany“.

Die guten Marken ins Töpfchen. Und die Schlechten?

Zwar können sich renommierte Marken auf einen Apriori- Bonus stützen, es bleibt aber auch für sie genügend „Luft nach oben“. Denn die spontanen positiven Nennungen sind sehr dünn gesät, die negativen hat man eher im Kopf: 16 Gute, 11 Schlechte, 10 mehr oder minder Neutrale, so die Aufteilung der 37 untersuchten Marken.
Die Top Sieben der 16 „Guten“ sind ausschließlich deutsche Marken, angeführt von dm, Landliebe und VW. Landliebe ist übrigens die einzige Food-Marke, die ihr 2010er-Level hält. Alle anderen, sei es Food oder Fast Food, rutschen 2012 teils drastisch ab. Sicherlich eine Folge der bereits erwähnten kritischen und verstärkten Medienberichterstattung. Unter den zehn „Neutralen“ mit mehr oder minder ausgeglichener Bilanz sind Marken aus den weniger kritischen Branchen. Die Mehrheit ist ausländischer Herkunft. Unter den elf „Schlechten“ befinden sich neben den üblichen Verdächtigen aus Energie und Finanzen als Schlusslicht ein Mineralöl- Vertreter. Bemerkenswerterweise liegt eine Social-Media- Marke nur knapp davor. Aber es ist schön zu sehen, dass es selbst in kritischen Branchen verantwortungsvoll handelnde Best-Practice-Beispiele gibt.

Mit CSR die Markenzukunft sichern

Es gibt Hoffnung! Nach wie vor haben Marken das Gesetz des Handelns in der Hand. Das belegt das Verbraucherurteil über die Top Sieben sehr klar: Alle werden deutlich besser als ihre Branche bewertet. Daraus folgt, dass Management und Marketing mehr denn je auf das geänderte gesellschaftliche Bewusstsein eingehen sollten. Denn ohne eigenständige, markenspezifische und passende CSR-Maßnahmen ist für Marken kein Blumentopf zu gewinnen. Die Menschen sind in den letzten fünf Jahren in ihrer Wertschätzung von und Bindung an Marken zunehmend von CSR-Aspekten beeinflusst, und das wird zunehmen.
Das CSR-Engagement von Unternehmen wird vom Verbraucher durchaus differenziert wahrgenommen. Das Eisbergmodell macht den Einfluss von CSR auf die Markenstärke sichtbar und messbar. Schon heute unterscheiden sich die „guten“ von den „schlechten“ Marken. Ihre CSR-Aktivitäten sind sichtbarer (Faktor 2,5) und deutlich uniquer (Faktor 4,3).
In der CSR-Wirkungskette folgt der guten CSRSichtbarkeit einer Marke und ihrer CSR-Uniqueness eine hohe „CSR-Handlungsstärke“. Man nimmt dieser Marke ab, dass sie tatsächlich unternehmerisch verantwortungsvoll handelt. Die Sympathie, das Vertrauen und die Identifikation des Verbrauchers mit der Marke steigen signifikant an und zahlen auf das Markenguthaben, also die Basis des Markeneisbergs, ein. An dieser Stelle manifestiert sich der starke Zusammenhang zwischen verantwortungsvollem Handeln und emotionaler Markenbindung.

Best Practice und was daraus folgt

Wenn CSR-Aktivitäten von Marken bekannt sind, begründen diese Initiativen ein Kaufanreiz für 15 bis 26 Prozent der Menschen, so ein Ergebnis der Studie. Positive Beispiele wie die Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen zeigen, dass sich verantwortliches Handeln auszahlt, und man selbst in schwierigen Branchen reüssieren kann. Ein weiteres positives Beispiel ist Pampers. Dass eine Windelmarke sich um Babyimpfung in der Dritten Welt kümmert, das passt. Bei Trigema wiederum steht der Chef persönlich für Deutschland als Wirtschaftsstandort und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Und Rügenwalder zeigt Mut in der TV-Kommunikation, wenn Jörg Pilawa und Fresenius einem breiten Publikum die inneren Werte der Wurst aufdröseln. Mit spielenden Kindern, aber einer ernsthaften Argumentation.
CSR ist also nicht gleich CSR! Aus den oben genannten Beispielen lassen sich so wichtige Empfehlungen für Management und Marketing ableiten:

  • CSR ist eine Mission, die von CEO, Management und Mitarbeitern gemeinsam getragen werden muss. CSR darf keine Marketing-Spielwiese, kein Trittbrettfahren, kein Greenwashing sein.
  • „Schuster bleib’ bei deinem Leisten“, denn die CSRThemen müssen zur Marke passen.
  • Sich differenzieren, statt der Masse hinterherlaufen und die Großen der Branche z.B. mit deutscher Qualität und Arbeitsplatzsicherung aufmischen.
  • Glaubwürdig sein, überzeugen können. Besonders dann, wenn es um nicht überprüfbare Aussagen oder innere Werte geht. Unabhängige Partner können dabei helfen.
  • Klar und verständlich kommunizieren. Dabei die Balance zwischen Ernst und Unterhaltung, zwischen Fakten und Emotion wahren.

Das sind einige der Regeln, mit denen eine Marke das Vertrauen der Verbraucher (zurück-)gewinnen kann. Es geht darum, brachliegendes Markenpotenzial zu aktivieren. Es wäre doch schade, wenn Unternehmen diese Chance ungenutzt lassen.

Die Studie „CSR auf dem Prüfstand 2012“

„CSR auf dem Prüfstand 2012“ ist der dritte Teil der Eigenstudie der Markenberatung Icon Added Value, Nürnberg. Darin wird die Bedeutung von CSR-Themen in der Gesellschaft und für die Markenführung empirisch untersucht und analysiert. 1000 Menschen beantworteten Fragen zu 30 CSR-Themen, 18 Branchen, 37 Marken und einigen Initiativen. „CSR auf dem Prüfstand 2012“ kann unter www.icon-added-value.com angefordert werden.

Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Managing Director und Mitglied der Geschäftsleitung
Icon Added Value