Angesteckt, selbst entdeckt, begeistert – wie Hobbys entstehen und warum wir ihnen nachgehen

Angesteckt, selbst entdeckt, begeistert – wie Hobbys entstehen und warum wir ihnen nachgehen

Interessen werden uns nicht in die Wiege gelegt. Sie entstehen auf ganz unterschiedliche Weise. Mal entdeckt man ein Thema selbst, häufig gibt es aber auch Anstöße von außen. Inwieweit uns ein Hobby reizt, ist nicht zuletzt eine Frage des Typs. Manch einer sucht Entspannung vom harten Job, ein anderer wiederum kann gar nicht genug Action haben. Das heißt aber auch, dass Interessenkarrieren ganz unterschiedlich verlaufen können. Jeder lebt eigenbestimmt und individuell, jeder hat spezielle Motive, um seinem Hobby nachzugehen.

Du kletterst? Das würd’ ich ja auch gern mal ausprobieren.“ „Ich geh morgen in die Halle, komm doch einfach mal mit.“ – solch einen Dialog hat wahrscheinlich jeder schon geführt, auch wenn es vielleicht um ein völlig anderes Hobby ging. Ein Bekannter lädt uns ein, an einem „Schnuppertag“ eines seiner Hobbys kennenzulernen. Im Rückblick markieren solche Gespräche oft einen wichtigen Moment im Leben, nämlich die Initialzündung einer Interessenkarriere. Wird man ein paar Jahre später gefragt, wie man zum Klettern gekommen ist, dann denkt man an dieses Gespräch und den ersten Besuch in der Kletterhalle zurück. An das Erlebnis, noch unsicher in der Wand zu hängen, sich langsam vorwärts zu tasten, an die ersten Erfolge. An den Muskelkater, der einen danach tagelang begleitet hat und an die Vorfreude auf die nächste Runde.

Ursachenforschung

Ein solches Erlebnis mit Freunden ist oft der entscheidende „Kick-Off“ für eine neue Leidenschaft. Aber schon vorher tragen wir häufig ein latentes Interesse an bestimmten Aktivitäten mit uns herum – irgendwo tief im neuronalen Netz verankert. Stand-Up-Paddling, Rennrad fahren, ein Motorsport-Event besuchen? Könnte man sich grundsätzlich schon vorstellen, vor allem wenn jemand einen mitnimmt und den Einstieg erleichtert. Auch unser Kletterneuling brachte ja bereits ein grundlegendes Interesse mit, bevor er sein Debüt in der Halle gab – er wusste bereits, dass er es gerne ausprobieren wollte, weil er vielleicht mal einen Zeitschriftenartikel übers Klettern gelesen oder etwas darüber im Fernsehen gesehen hatte, an einer Freiluft- Kletterwand vorbeigeradelt ist oder sich mit anderen bereits über deren Klettererlebnisse ausgetauscht hatte.
Es ist also gar nicht so einfach, einen festen Startzeitpunkt und einen einzelnen Auslöser für ein Hobby zu benennen, denn oft werden wir durch viele kleine Impulse langsam neugierig auf ein Thema, bis wir es dann richtig in Angriff nehmen. Deshalb zählen die meisten Befragten bei „Was bewegt Deutschland 2013?“ gleich mehrere Faktoren auf, durch die sie zu ihrem Interesse gekommen sind. Ganz weit vorne liegt hierbei das soziale Umfeld. Über Menschen aus ihrer Umgebung – seien es Freunde, Familie, Bekannte oder Partner – haben rund 60 Prozent den Einstieg gefunden. Besonders ansteckend ist die Begeisterung für ein Thema innerhalb der Familie. Geht der Vater mit dem Sohn jeden Sonntag zum Angeln, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Filius später einmal auch zum aktiven Angelsportler wird. Unternimmt die Familie jedes Jahr die obligatorische Skiausfahrt in die Alpen, so werden auch hier beim Nachwuchs früh die Weichen auf alpinen Wintersport gestellt. 37 Prozent haben ihr Hobby von jemandem aus dem Familienkreis übernommen. Knapp jeder Dritte (29 %) wurde von Freunden und Bekannten zu seinem Hobby gebracht, jeder Siebte (14 %) ist durch seine Partnerin/seinen Partner dazugekommen.
So mancher entdeckt seine Leidenschaft aber auch ganz für sich alleine. Bei etwa jedem Vierten ist das Interesse durch die pure Faszination am Thema entstanden. Und auch Medienangebote wirken sich auf unsere Interessen aus – kein Wunder bei einem durchschnittlichen Medienkonsum der Deutschen von rund zehn Stunden täglich. Jeder Vierte gibt an, dass er sein Hobby entdeckt hat, weil er in Medienangeboten, z.B. Zeitschriftenartikeln, auf das Thema gestoßen ist.
Weitere Ursachen variieren sehr stark nach Interessengebieten. 20 Prozent der Befragten wollten mit ihrem Hobby etwas für ihre Gesundheit tun, bei sportlichen Interessen wie Joggen, Rennrad fahren oder Fitness fällt dieser Wert natürlich deutlich höher aus. Einem Trend folgte bei der Auswahl seines Hobbys nur jeder Neunte. Am höchsten liegt dieser Wert beim Thema „Mode“.

Spiegel der Persönlichkeit

Völlig unabhängig davon, wie sie entstanden sind: Unsere Hobbys sagen etwas über uns aus. Lernen wir jemanden neu kennen, dann sind die Hobbys des anderen oft eines der ersten Gesprächsthemen. Und wer auf Jobsuche ist und ein Vorstellungsgespräch fast gemeistert hat, hört kurz vor Schluss oft noch die Frage: „Was machen Sie denn so in Ihrer Freizeit?“ Je nachdem, ob die Antwort dann „Bücher lesen und Modellbau“ oder „Bergsteigen, Mountainbiken und Motorrad-Rennsport“ lautet, formt sich in der Vorstellung des zukünftigen Chefs ein bestimmtes Bild seines Bewerbers – z.B. als analytischer Mensch mit großer Liebe zum Detail oder als stressresistenter Adrenalinjunkie. Mit den einzelnen Hobbys verbinden wir bestimmte Merkmale, Eigenschaften und Funktionen, aus denen wir Rückschlüsse auf die dahinterstehenden Menschen ziehen.
„Was bewegt Deutschland 2013?“ zeigt auf breiter empirischer Basis auf, welche Merkmale die Hobbyisten selbst ihrer Leidenschaft zuschreiben – ob sie ihr z.B. nachgehen, weil sie sich davon Entspannung oder Ablenkung versprechen, ob sie Abenteuer suchen oder sich einfach fi t halten möchten. Über alle Gebiete hinweg betrachtet, sind Entspannung und Ablenkung die wichtigsten Motive, ein Hobby zu verfolgen. Die Ausprägungen variieren jedoch deutlich zwischen den verschiedenen Interessengebieten – jedes Hobby weist also ein eigenständiges Profi l auf. Viele bedienen dabei ganz unterschiedliche Funktionen auf einen Schlag. Einige Beispiele: Fitness-Freaks – das ist wenig überraschend – halten sich durch ihr Hobby fi t. Jedoch sagen fast 70 Prozent von ihnen auch, dass sie beim Sport ganz wunderbar entspannen können. Entspannung und Aktivität schließen einander also keineswegs aus. Das gilt auch für Jogger oder Mountainbiker, die sich ebenfalls beim Sport entspannen und ablenken. Als „Multi-Funktions-Hobby“ erweist sich der Bereich Bergsteigen/Klettern. Die Befragten aus diesem Gebiet bleiben hierdurch fit, sie können dabei entspannen und sich vom Alltag ablenken, außerdem leben sie dabei noch ihren vollen Ehrgeiz aus.

Zurückziehen oder gemeinsam angreifen?

Entspannung und Ablenkung kann man alleine oder in der Gruppe finden. Manch einer ist froh, nach einer anstrengenden Arbeitswoche voller Meetings und Telefonate ein paar Stunden ganz alleine auf dem Balkon ein Buch zu lesen, sich zum Joggen in den Wald zu begeben oder die Zeit ohne Gespräche und ohne Begleitung auf dem Hochsitz zu verbringen. Insgesamt achtet fast jeder zweite Befragte darauf, dass er seinen Interessen auch alleine nachgehen kann. Viele Menschen suchen also von Zeit zu Zeit eine Rückzugsmöglichkeit und finden sie in ihrem Hobby.
Andere zählen die Stunden rückwärts, bis sie endlich wieder gemeinsam mit den Kumpels losziehen können – jedem Dritten ist es wichtig, dass Freunde und Bekannte die eigenen Interessen teilen. Besonders Mountainbiker, Golfer und Kletterer gehen ihrer Leidenschaft häufig gemeinsam mit Freunden nach.
Gemeinsam oder individuell – einige Hobbys verbinden beide Aspekte: Man kann sich mit Freunden dazu verabreden, hat aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, Zeit für sich alleine zu finden. Ein Beispiel hierfür ist das Angeln: Fast 60 Prozent der Angler genießen es, dabei alleine zu sein. Allerdings trifft sich auch mehr als die Hälfte von ihnen mit anderen Anglern, um dem Hobby nachzugehen. Ganz unterschiedlich stehen die Deutschen zu der Frage, ob man die gleichen Hobbys wie die Partnerin oder der Partner verfolgen sollte. Auf der einen Seite achtet eine Mehrheit von 56 Prozent darauf, auch eigene Interessen unabhängig von denen des Partners zu haben. Auf der anderen Seite ist es 28 Prozent der Befragten wichtig, dass der Partner die eigenen Interessen teilt. Grund für Streitigkeiten sind die Hobbys aber in den wenigsten Beziehungen. Nur bei sieben Prozent der Befragten gibt es deswegen regelmäßig Diskussionen, wobei Männer in ihren Hobbys häufiger einen Anlass für Beziehungsstress sehen als Frauen. Sechs Prozent der Befragten haben sogar bereits um des lieben Beziehungsfriedens willen ein Hobby aufgegeben.

Freiheitsgefühle

Interessen und Hobbys entstehen also durch eine große Vielfalt an Faktoren und werden aus ganz unterschiedlichen Gründen verfolgt. Und doch gibt es einen Begriff, den die Deutschen mit ihnen verbinden, ganz unabhängig von ihrem konkreten Hobby: „Freiheit“. Kein anderes Wort taucht häufiger auf, wenn die Befragten in ihren eigenen Worten beschreiben sollen, was ihr Hobby für sie bedeutet. Egal, ob die Person am liebsten segeln geht, Motorrad fährt, sich für Autos begeistert oder gern im Garten arbeitet.
Freiheit bedeutet dabei: Endlich sind wir nicht mehr fremdbestimmt. Ohne Zwang und ohne Druck entscheiden wir selbst, was uns guttut. Jetzt zählt der pure Spaß am Hobby. Freiheit und Freizeit gehören zusammen.

ENTSTEHUNG UND FUNKTIONEN VON INTERESSEN
DER BUDDY-FACTOR:
70 Prozent der Golf-Enthusiasten sind durch Freunde und Bekannte zu diesem Sport gekommen.
FAMILIENBANDE:
Knapp 60 Prozent der Heimwerker haben über Familienangehörige das Gen zum Selbermachen entdeckt.
GEMEINSAM BESTEHEN:
Neue Freunde kennenlernen ist für 20 Prozent der Abenteuerurlauber der Auslöser gewesen.
 
 
WER RASTET DER ROSTET:
Etwas für die eigene Gesundheit zu tun, war für 70 Prozent der Läufer die Initialzündung.
DIE MACHT DES GEDRUCKTEN:
36 Prozent der Oldtimer-Liebhaber wurden in speziellen Zeitschriften mit dem Klassiker-Virus infiziert.
ÜBER DEN WOLKEN:
Spannung und Faszination waren für 61 Prozent der Klein ugzeug-Community die Motivation, sich des Themas anzunehmen.

 

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