Was man vom BAUHAUS für das Marketing lernen kann

Was man vom BAUHAUS für das Marketing lernen kann

Bauhaus 100 Jahre nach der Gründung des Bauhauses betrete ich die Bauhaus-Universität Weimar und frage mich, wie das wohl damals war? Vor 100 Jahren haben Gropius, Muche, Mies van der Rohe, Schlemmer und Itten Vorlesungen hier gehalten und jetzt bin ich dran. Wir schreiben Geschichte! Deren Geist weht immer noch in den original erhaltenen Gebäuden und Räumen. Bei der genaueren Betrachtung des Bauhauses, das Weltruhm erlangt hat, kann man einiges lernen. Beispielsweise lohnt die Überlegung, was das Marketing vom Bauhaus lernen kann.

Bauhaus und seine Geschichte: Obwohl die Kunstschule „Staatliches Bauhaus“ nur insgesamt 14 Jahre existierte, konnten sich die Ideen und gestalterischen Prinzipien des Bauhauses international durchsetzen und Generationen bis in die Gegenwart beeinflussen. 1907 formierte sich der „Deutsche Werkbund“ als Gegenbewegung zum elitären Jugendstil. Die politische Revolution nach dem 1. Weltkrieg veränderte das künstlerische Bewusstsein in Deutschland (Wetzel, 2001, S. 446). Die ästhetische Avantgarde propagierte eine neue Art des Bauens mit zeitgemäßem Design und einer alternativen Lebensform. Als einer der bedeutendsten und wagemutigsten Vordenker seiner Zeit gründete Walter Gropius eine Institution, deren radikale Reformbewegung den Zeitgeist traf und zu einer gesellschaftsverändernden Kraft wurde.
Das „Staatliche Bauhaus“ (ab 1926 „Hochschule für Gestaltung“) wurde 1919 durch die Vereinigung der Hochschule für bildende Kunst mit der Kunstgewerbeschule in Weimar ins Leben gerufen. Das noch im gleichen Jahr entstandene Bauhaus-Manifest zeigt Lyonel Feiningers Holzschnitt Kathedrale des Sozialismus. Es symbolisiert, neben der gesellschaftspolitischen Orientierung, die Analogie zwischen einer mittelalterlichen Kirchenbauhütte und dem Bauhaus, welches vergleichbar die Einzelkünste (Kunst, Handwerk und Skulptur) unter seinem Dach sammelt (Wetzel, 2001, S. 446).
Trotz der sozialistischen Ausrichtung beabsichtigte das Bauhaus, sich auch als kapitalistische Institution zu beweisen. Dafür wurde eine kunstpädagogische Neuerung zur Finanzierung des Studiums eingeführt (Volkmann & de Cock, 2006). Ein Vorkurs der allgemeinen Gestaltungslehre diente gleichzeitig als Probezeit und Gesellenprüfung (Wetzel, 2001, S. 446). Um Gropius’ Vision einer modernen Kunstschule im Leitbild zu verankern, wurden die zur Lehre berufenen Künstler „Meister der Form“ genannt. Zur Synthese von Kunst und Handwerk teilte sich ein Künstler eine sogenannte „Werkstatt“ mit einem Handwerksmeister. Die Studenten hießen fortan Geselle oder Lehrling, die Professoren Meister oder Jungmeister.

Um Gropius’ Vision einer modernen Kunstschule im Leitbild zu verankern, wurden die zur Lehre berufenen Künstler „Meister der Form“ genannt.

Öffentliche Anfeindungen und ideologisch motivierte Attacken gegen die Mitglieder und Idee des Bauhauses begannen bereits ab Anfang 1920. Konservative aus den rechten und mittleren Flügeln lehnten sämtliche nach Reformen strebende Institutionen ab und bedrohten damit das Bauhaus in seiner Existenz. Nach dem Wahlsieg der rechten Parteien im Februar 1924 zog das Bauhaus in der Konsequenz 1925 nach Dessau um. Dort entstand das von Walter Gropius und Carl Fieger entworfene und wohlmöglich heute bekannteste Gebäude der Bewegung. Obwohl alle drei aufeinander folgende Direktoren (ab 1919 Walter Gropius, ab 1928 Hannes Meyer und ab 1930 Ludwig Mies van der Rohe) vergeblich versuchten, das Bauhaus zu entpolitisieren, wurde es schon bald von den Nationalsozialisten als ideologischer Gegner ins Visier genommen (Volkmann & de Cock, 2006). Nach einer erzwungenen finanziellen Umstrukturierung als Privatinstitut in Berlin 1932/33 folgte im Juli 1933 die Selbstauflösung (Wetzel, 2001). Im Ausland, vor allem in den USA, bildeten sich nach kurzer Zeit diverse Ableger des Bauhauses. Doch hatten auf lange Sicht nur die Prinzipien und Ideen des Bauhauses Bestand, während direkte Kopien scheiterten. So entstand z.B. 1937 das „New Bauhaus“ in Chicago, welches jedoch schon bald seine Förderung verlor. Zudem versuchte ein ehemaliger Bauhausstudent, Max Bill, 1951-72 den Geist des Bauhauses mit der „Hochschule für Gestaltung“ in Ulm neu aufleben zu lassen. Es sollte jedoch niemals als „Bauhaus Ulm“ bezeichnet werden und am Ende musste sich auch der Gründer eingestehen, dass zwei Jahrzehnte später unter völlig anderen politischen, gesellschaftlichen und sozialen Umständen eine Auferstehung der Bewegung kaum möglich war (Volkmann & de Cock, 2006). 

Bauhaus als Vereinigung von Kunst und Handwerk

Dem Begriff „Bauhaus“ wird durch die Künstlerbestrebungen der permanent neu erdachten Ideen vom „Bau der Zukunft“ Leben eingehaucht (Wetzel, 2001, S. 446).
Das Rahmenkonzept hat seine Wurzeln in den Kunsttheorien insbesondere von Heinrich Wölfflin und Wilhelm Worringer verankert. Gropius reinterpretierte Worringers Idee des „objektiven Selbstgenusses“ als ein Modell zur Lösung sozialer Konflikte. Die Utopie, dass es möglich sein sollte, gegen die aus der Industrialisierung entstandene Entfremdung ankämpfen und diese sogar überwinden zu können, bildete den Kern des Bauhaus-Projekts. Gropius war auf der Suche nach Versöhnung und Durchdringung von individuellen und sozioökonomischen Bereichen. Jede Design- Idee sollte sich durch funktionalen Sinn beweisen. Die Art des Gebrauchs war jedoch sowohl an intellektuelle als auch an sinnliche Erfüllung gebunden (Volkmann & de Cock, 2006).
Somit beschreibt die Bauhaus- Bewegung keinen eindeutigen Kunststil, sondern vielmehr das Zusammentreffen verschiedener Stile mit einem gemeinsamen Ziel: Ästhetik und künstlerischer Ausdruck sollen ausschließlich aus der Effizienz eines Produktes hervorgehen. Dabei werden die Unterschiede und Grenzen zwischen Kunst und Handwerk vollkommen aufgelöst und in Harmonie zusammengeführt. In diesem Sinne entstand eine Vielfalt an Kunstwerken, die sich von spätexpressionistischen über geometrisch-abstrakte bis hin zu figürlichen, teils neusachlichen oder auch surrealistischen Werken erstreckt. Gropius war überzeugt davon, dass bessere Ergebnisse durch das gemeinschaftliche Arbeiten verschiedener kreativer Stimuli erzielt werden. Aus diesem Grund lehnte er die einheitlichen Lehrmethoden der traditionellen Eliteakademien ab, welche ihre Schüler einer monolithischen Philosophie unterwarfen. Gropius überredete seine Handwerks- und Formenmeister, nicht ihr eigenes künstlerisches Vokabular zu vermitteln, sondern eine objektive Methode zu finden, die neue kreative Ströme erschafft (Daichendt, 2010).

Bauhaus und Marke

Über Hundert Unternehmen nutzen den Namen der Bauhaus- Schule. Darunter fallen ein Café in Seattle, ein Hostel in Brügge, eine britische Dark Wave Band sowie eine Diskothek in Tokio und eben auch der omnipräsente Baumarkt in Deutschland mit über 250 Filialen. Bauhaus steht also für ziemlich alles. Doch Walter Gropius hatte es damals schlichtweg versäumt, Bauhaus als Marke anzumelden. Dabei war seine Kreation des Namens schlichtweg genial, zeitlos. Die Marke hat auch heute noch eine unglaublich starke Strahlkraft. Doch die fleißige Arbeit des Gründers hatte schon immer die Vision, aus dem Bauhaus eine Marke zu entwickeln. Gropius hatte dem markenrechtlichen Schutz damals also keine Bedeutung beigemessen? Unvorstellbar, dass das Marketinggenie daran nicht gedacht hatte. Näher liegt eher die Vermutung, dass er eine breite Ausbreitung seiner Idee und damit auch des Namens wünschte. Gropius war schließlich ein rastloser Unternehmertyp, ohne ihn hätte das Bauhaus niemals diese Bedeutung weltweit erreicht. Zusammengenommen zeigt sich somit, dass Marketing ohne eine Marke mit Strahlkraft niemals stark wirken kann, unabhängig davon, ob die Marke rechtlich geschützt ist oder nicht. Unternehmen sollten also Zeit und Mittel investieren und sich fragen, ob sie denn genug tun, um ihre Markenwerte den Kunden transparent zu machen.

Bauhaus, Emotionen und Teambildung

Wer sich mit dem Bauhaus näher beschäftigt, stellt schnell fest, dass immer wieder von den legendären Bauhaus-Festen die Rede ist. Walter Gropius hat als alter Husar schnell bemerkt, dass er so die Mannschaft auf ein Ziel einschwören kann. Zusammengehörigkeit wird halt insb. beim nächtlichen ausgiebigen Feiern geschaffen. So war Gropius bei den Feiern immer bis zum Ende dabei. Und von der Kaufverhaltensforschung wissen wir, Emotionen haben einen starken Einfluss auf das Verhalten. Emotionen bewegen. Ein klassischer Teambildungsprozess also. Hier können Unternehmen gerade in der heutigen Zeit etwas davon lernen. Wann wird denn in den Unternehmen noch richtig gefeiert? Fürs Coaching der Führungskräfte und für Consulting werden horrende Summen ausgegeben. Der interne Aspekt der Teambildung wird häufig vernachlässigt. Die Wirkung wäre auch heute noch stark, doch Kostensenkungsprogramme behindern leider die Durchführung einer solchen Veranstaltung.

Das Bauhaus-Programm



Das „Staatliche Bauhaus“ war vom Gründer Walter Gropius als eine Arbeitsgemeinschaft gedacht, in der die Unterscheidung zwischen Künstler und Handwerker aufgehoben werden sollte.

Quelle: Bauhaus

Bauhaus und Innovation & Kreation

Die Bauhaus-Ideen waren zur damaligen Zeit revolutionär. Zuerst wurden sie vom Handwerk her gedacht und so hatte jeder Bauhäusler bspw. einen Vorkurs in den Werkstätten zu durchlaufen. Erst danach wurde über die Aufnahme an das Bauhaus entschieden. Leider wurden Frauen damals oft in die Weberei „abgeschoben.“ Welch immenses Potenzial hätte man durch mehr und längere staatliche Förderung und insbesondere durch eine stärkere Integration von Frauen in die Werkstätten und später ins Studium schaffen können? Ittens Ideen der Farblehre hat das damalige Denken und die Künstlerausbildung ohne Zweifel dann revolutioniert. Und zum Ende der Bauhaus-Zeit wollte man Volks-, statt Luxusbedarf. Diese Entwicklung kam wohl auch durch den Wechsel der Bauhaus-Leiter. Oder ist es schlichtweg dem Wandel der Marke zuzuschreiben? Die Bauhaus-Gebäude sind zeitlos. Welch Kreation! Hierzu muss man nur die Stuttgarter Bauhaus-Siedlung besuchen. Und auch im Sonntagabend-Krimi im deutschen Fernsehen wurde und wird immer wieder besonders gerne in architektonischen Meisterwerken - dem Bauhaus - geschauspielert. Die Kunst zieht eben die Kunst an. Marketing muss also Neues schaffen ohne - oder mit wenig - Rücksicht auf Bestehendes. Nur so können Trends geschaffen und Dinge bewegt werden.

Bauhaus und Differenzierung

Das Bauhaus wollte es nie allen recht machen. Das Bauhaus wollte schon immer provozieren, nicht allen gefallen. Die Bauhäusler waren auch immer Sonderlinge in Weimar. Hierzu hat sicher auch der esoterische Kult („Mazdaznan“) um Johannes Itten seinen Teil dazu beigetragen. Vielleicht war das Bauhaus auch anders, weil Walter Gropius nach dem zweiten Semester sein Studium der Architektur abgebrochen hatte. Trotzdem wurde er allerdings zum Direktor und Professor an die Bauhaus-Universität berufen. Er hatte nicht die klassische Ausbildung absolviert und schaute deshalb fachfremd auf die Architekten- und Künstlerausbildung. Seine starke Persönlichkeit und sein Wille sich jetzt endlich zu beweisen, halfen da mit. Zeichnen konnte Gropius übrigens auch nicht.

Heute sieht moderne Führung anders aus, ein Miteinander, weniger Dominanz, Freiräume schaffend, so kann Neues entstehen.

Viele starke Bindungen zu Kollegen und Mitarbeitern von Gropius zerbrachen, weil er die gemeinsam erarbeiteten Ideen als seine verkauft hatte. Vom Bauhaus kann man auch das lernen: Zeitgemäße Teamarbeit bedeutet heute Gemeinschaftsgefühl und Gemeinschaftsleistung und vor allem einen starken Antrieb mit starken Persönlichkeiten. Doch die Rolle dieser ist anders als damals. Marnoch. Auch wenn das heute weniger spektakulär als damals ist. So hatte Harry Graf Kessler doch mit großen Anfeindungen zu leben, als er Aktbilder von Künstlern in einer Ausstellung gezeigt hatte (Anmerkung: Diese „geächteten“ Kunstwerke sind heute weltbekannt und unbezahlbar). Gute Ideen setzen sich immer durch. Man muss ihnen aber etwas Zeit geben und mit „Konsequenz und Disziplin“ weiter daran arbeiten. So hat es Manfred Maus, der Gründer von Obi (ein Wettbewerber vom Bauhaus), treffend formuliert. Heute sieht moderne Führung anders aus, ein Miteinander, weniger Dominanz, Freiräume schaffend, so kann Neues entstehen. keting-Leader müssen Andersdenkende heutzutage integrieren, um wirklich Neues zu schaffen.

Bauhaus und Führung

Starke Führung war damals zeitgemäß, das galt auch für Gropius. So hatte er es schmerzlich in der Schulzeit, beim Militär und eben auch bei Behrens in Berlin gelernt. Mein früherer Unteroffizier Hummel hat das damals so prägnant formuliert. „Ich brumme, sie rotieren.“ Doch heute sieht moderne Führung anders aus, ein Miteinander, weniger Dominanz, Freiräume schaffend, so kann Neues entstehen. Eine starke Marke benötigt Führung. Markenwerte müssen geschaffen und gelebt werden. Hierzu ist eine Führung der Marke nötig. Heutzutage gilt es, Andersdenkende zu integrieren und die Ideen mittels Social Media zu verbreiten, wo früher die Provokation und Konfrontation standen. Und viele Mittelständler haben da heute noch Defizite. Das wahre Potenzial der neuen Medien wird nur zögerlich erkannt („früher ging es ja auch ohne“) und nicht professionell in die Markenbildung eingebaut. Aber ohne die Kunden als Teil der Marke geht es eben heute nicht mehr.

Ein Blick von draußen

Und übrigens, schaut man durch das Außenfenster in Goethes früheres Wohnhaus (was heute zum Hörsaal der Bauhaus-Universität umgebaut wurde), so kann man auch heute noch Aktbilder erkennen. Die Kunst lebt also dort heute noch. Auch wenn das heute weniger spektakulär als damals ist. So hatte Harry Graf Kessler doch mit großen Anfeindungen zu leben, als er Aktbilder von Künstlern in einer Ausstellung gezeigt hatte (Anmerkung: Diese „geächteten“ Kunstwerke sind heute weltbekannt und unbezahlbar). Gute Ideen setzen sich immer durch. Man muss ihnen aber etwas Zeit geben und mit „Konsequenz und Disziplin“ weiter daran arbeiten. So hat es Manfred Maus, der Gründer von Obi (ein Wettbewerber vom Bauhaus), treffend formuliert.

Autorin(nen) / Autor(en):
Lehrstuhl für Marketing und Vertriebsmanagement, ESB BUSINESS SCHOOL REUTLINGEN
Prof. Schmäh Sales & Service Consulting