Was kostet eine Markenlizenz?

Was kostet eine Markenlizenz?

Die Lizenzgebühren für Marken hängen von unterschiedlichen Parametern ab, deren Kenntnis und Zusammenspiel wichtig ist für das Verhandeln von ausgewogenen Markenlizenz vereinbarungen. Die Berücksichtigung von empirischen Referenzwerten kann dabei sehr hilfreich sein. Allerdings ist große Vorsicht geboten, wenn man Lizenzpreise als Referenzgrößen für die Ermittlung von Markenwerten heranzieht. Lizenzpreise sind kein geeigneter Wertindikator für Markeneigentum.

In Zeiten von Brand Extension, Outsourcing, Timeto- Market und Risk Management ist die Vergabe von Markenlizenzen mehr denn je ein aktuelles Instrument der Markenführung. Zudem hat die Novellierung des Markengesetzes 1995 die markenrechtlichen Restriktionen weiter reduziert. Daher sind namhafte Lizenzmarken heute weit verbreitet, z.B. in Mode (Boss), Sport (Adidas), Automobil (Porsche), Elektro (AEG), Food (Mövenpick), Verlagswesen (Schöner Wohnen), Haushaltsprodukte (Meister Proper). Manche Märkte – etwa Brillen, Duft oder modische Uhren – werden weltweit sogar von Lizenzmarken dominiert.

Einflussfaktoren

Der Preis für eine Markenlizenz wird üblicherweise als Prozentsatz vom lizenzpflichtigen Umsatz festgelegt. Aber wie hoch ist nun dieser Prozentsatz? Diese Frage ist nicht nur für Lizenzgeber und -nehmer von großem Interesse, sondern immer mehr auch für Markenbewerter, Abschlussprüfer, Steuerberater und Geldgeber, die nach marktorientierten Vergleichspreisen für Marken suchen. Als Antwort bekommt man von Insidern oder Experten meist nur ein vielsagendes „Das kommt darauf an …“ und eine entsprechend große Bandbreite zwischen zwei Prozent und über 15 Prozent vom Lizenzumsatz genannt. Wovon die umsatzbezogene Lizenzgebühr – oder Royalty Rate – im Einzelfall konkret abhängt, blieb bisher aber völlig unbeantwortet. Im Prinzip gibt es dafür vier wesentliche Einflussfaktoren:

Markenpreisprämie. Wesentlich für die Lizenzgebühr ist die Preisprämie der Marke. Hochpreisig positionierte Marken mit hohen Gewinnmargen erzielen Lizenzraten am oberen Ende der Bandbreite, Marken im Massenmarktsegment entsprechend am unteren Ende. So liegen die Lizenzraten bei Prestige- Designermarken im Bereich von 15 Prozent, während für konsumige Marken im Massenmarkt oft nur drei Prozent bezahlt werden. In vielen Fällen ist es auch so, dass eine Lizenzmarke im starken Heimatmarkt eine höhere Lizenzrate erzielt als in den schwächeren Auslandsmärkten.

Windschatten. Ein weiterer Faktor ist der positive Synergieeffekt, mit dem der Lizenznehmer im Windschatten des Markeninhabers oder anderer Lizenznehmer für seine eigenen Aktivitäten rechnen kann. Ohne diesen Effekt hätte der Lizenznehmer höhere Aufwendungen für Marketing oder Distributionszugang. Die Höhe des Effekts hängt zum einen von der Nähe der Lizenzprodukte zu den Produkten des Markeninhabers ab, zum Zweiten aber auch vom Umfang der Marketingaktivitäten und vom Wachstum der Marke. Der Einfluss des Windschatten- Effekts auf die Lizenzrate wird häufig unterschätzt.

Risiko. Die Preisbereitschaft hängt darüber hinaus wesentlich vom Risiko aus dem Lizenzvertrag ab, das sich für beide Vertragsparteien jeweils unterschiedlich darstellt. Der Lizenznehmer sieht sich zwei wesentlichen Risiken gegenüber. Zum einen muss er die Investitionen zurückverdienen, die er zur Markteinführung der Lizenzprodukte tätigt. Je höher diese Investitionen, und je länger Anlaufkurve und Pay-Back-Zeit, desto mehr wird er dieses Risiko über eine niedrige Lizenzrate zu kompensieren versuchen. Weiterhin muss er die Mindest-Lizenzgebühren finanzieren können, die sich aus der Lizenzrate und dem Mindestumsatz ergeben. Hohe Mindestumsätze haben daher immer einen umgekehrten Einfluss auf die Lizenzraten. Das Hauptrisiko des Lizenzgebers liegt dagegen darin, dass der Lizenznehmer opportunistisch nur kurzfristige, egoistische Ziele verfolgen könnte, aber damit langfristig der Marke schadet. Je unzuverlässiger ihm in dieser Hinsicht der Lizenznehmer erscheint, desto höher wird die von ihm verlangte Lizenzrate sein.

Abhängigkeit. Eine große Rolle für die Preisbereitschaft der einen oder anderen Seite spielt die Frage, wie wichtig das Zustandekommen des Lizenzvertrages gerade mit dieser Partei ist, bzw. welche Alternativen bestehen. Sofern die Lizenz einen bedeutenden Anteil an den Gesamterträgen des Unternehmens hat und gleichzeitig keine gleichwertigen Alternativpartner verfügbar sind, ist der Druck groß, die Lizenz auch zu ungünstigen Bedingungen abzuschließen. Die Duftlizenz von Burberry wurde 1993 zu sechs Prozent für elf Jahre an Inter Parfums vergeben. Nach elf Jahren hatte sich die Lizenz sehr positiv entwickelt und machte 78 Prozent des Umsatzes von Inter Parfums aus; für Inter Parfums war die Verlängerung der Lizenz überlebensnotwendig. Burberry hätte dagegen auch mit anderen Duftanbietern abschließen können. Als Folge musste Inter Parfums für die Vertragsverlängerung von 2004 bis 2017 eine Lizenzrate von 12,5 Prozent akzeptieren.

Keinen nennenswerten Einfluss auf die Lizenzrate hat dagegen die Branche. Oft wird argumentiert, die Lizenzrate hänge von der durchschnittlichen Gewinnmarge einer Branche ab; höhere Gewinnmargen würden höhere Lizenzraten rechtfertigen und umgekehrt. Zwar stimmt es, dass die durchschnittlichen Lizenzraten für Marken in Branchen wie Elektronik oder Food niedriger sind als z.B. bei Uhren oder Handtaschen. Allerdings berücksichtigt diese Erkenntnis noch nicht, dass jeweils ganz unterschiedliche Marken in diese Kategorien hinein lizenzieren. Die Preis- und Margenstruktur ist in konsumigen Massenmärkten ganz anders als in Kategorien mit ausgeprägtem Prestige- und Luxussegment. Für einen Luxusfernseher in Lizenz von z.B. Christian Dior gibt es eben praktisch keinen Markt, für preisgünstige Fernseher von Lizenzmarken wie Polaroid oder Saba dagegen schon. Interessant ist auch, dass breit verlizenzierte Marken über unterschiedlichste Lizenzkategorien hinweg meist recht konstante Lizenzraten mit nur sehr geringen Abweichungen erzielen. Branchenspezifisch unterschiedliche Lizenzraten lassen sich also hauptsächlich mit den oben genannten vier Hauptfaktoren erklären, aber kaum mit den Branchengewinnraten.
Auch Faktoren wie Exklusivität, Vertragslaufzeit oder territorialer Umfang der Lizenz haben – entgegen der Ansicht von vielen Experten im gewerblichen Rechtsschutz – keine preiserhöhenden Effekte auf die Lizenzraten von Marken, eher im Gegenteil. Kurzlaufende Verträge werden meist nur in Fällen abgeschlossen, in denen keine wesentlichen Investitionen erforderlich sind. Gleiches gilt für nicht-exklusive Lizenzen (die bei echten Marken ohnehin kaum vorkommen). Beides führt zu höherer Preisbereitschaft des Lizenznehmers. Bezüglich des Vertragsgebiets ist in vielen Fällen zu beobachten, dass in weiter entfernt liegenden Ländern, in denen die Marke schwächer oder gar nicht vertreten ist, zu spürbar niedrigeren Lizenzraten abgeschlossen wird.
Da die Lizenzrate als Prozentsatz eines lizenzpflichtigen Umsatzes angegeben wird, ist die Umsatzbasis bzw. die Distributionsstufe von entscheidender Bedeutung. Dies ist allerdings weniger ein Einflussfaktor als eine rein rechnerische Normierung. Der lizenzpflichtige Umsatz wird an der Stelle gemessen, wo der Lizenznehmer die Lizenzprodukte an externe Dritte fakturiert. Bei einem identischen Lizenzprodukt und gleicher Lizenzrate würde daher ein Fabrikant aufgrund seines niedrigeren Abgabepreises wesentlich weniger Lizenzgebühren zahlen als ein Einzelhändler. Dies ergäbe ökonomisch keinen Sinn und trifft in der Praxis so auch nicht zu. Der häufigste Fall sind Lizenzen auf der Großhandelsstufe. Lizenzraten an Einzelhändler („at retail“) liegen demgegenüber um den Faktor der üblichen Handelsspanne niedriger, Lizenzraten an Fabrikanten („ex factory“) um den Faktor der üblichen Distributeursmarge höher. Je nach üblicher Aufschlagskalkulation kann daher eine Lizenzrate von fünf Prozent auf Großhandelsstufe auch zehn Prozent auf Herstellerstufe oder auch nur 2,5 Prozent auf Einzelhandelsstufe bedeuten.

Empirische Marktpreise

Nachdem nun die wesentlichen Einflussfaktoren für Markenlizenzgebühren benannt sind, stellt sich die Frage, welche tatsächlichen Marktpreisniveaus sich daraus ergeben. Die Abbildung unten zeigt die Häufigkeitsverteilung von Markenlizenzgebühren aus weit über 1000 Markenlizenzverhältnissen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden nur „reine“ Markenlizenzen auf der Großhandelsstufe berücksichtigt. Die Verteilung kann in jeglicher Hinsicht als repräsentativ betrachtet werden. Enthalten sind große und kleine Marken, prosperierende und kränkelnde Marken, nationale und Weltmarken, Marken aus nahezu allen Branchen, Prestige- und Discountmarken, junge und alte Marken, Marken für Junge und für Alte.
Zur besseren Veranschaulichung ist eine kumulierte Häufigkeitsverteilung dargestellt. Der Punkt 4%/80% auf der Kurve sagt zum Beispiel aus, dass 80 Prozent aller Markenlizenzen mit einer Lizenzrate von vier Prozent oder höher abgeschlossen werden. Der Mittelwert der Verteilung (arithmetisches Mittel) liegt bei 6,6 Prozent, der Median (geometrisches Mittel) bei 6,0 Prozent, die Standardabweichung bei 3,2 Prozent. Unterteilt man die Häufigkeitsverteilung in Quintile (Fünftel-Anteilsklassen, siehe horizontale Schichten in der Grafik), so ergeben sich folgende Lizenzraten:

• unteres Quintil: 0% bis 4%
• zweites Quintil: 4% bis 5,5%
• mittleres Quintil: 5,5% bis 6,8%
• viertes Quintil: 6,8% bis 9%
• oberes Quintil: > 9%

Eine Lizenzrate zwischen 5,5 Prozent und 6,8 Prozent kann man also als durchschnittlich bezeichnen, die Bandbreite zwischen vier Prozent und neun Prozent liegt „im üblichen Rahmen“. Die Randbereiche der Verteilung – mit Lizenzraten von weniger als zwei Prozent und mehr als 15 Prozent – repräsentieren jeweils nur zwei Prozent der beobachtbaren Fälle und müssen daher als Extremwerte betrachtet werden. Die empirische Häufigkeitsverteilung in Verbindung mit den erläuterten Einflussfaktoren liefert damit erstmals eine Argumentationsunterstützung für Lizenzwillige beim Verhandeln von angemessenen Lizenzraten.

Vergleichbarkeit

Höchste Vorsicht ist allerdings geboten, wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht. Lizenzrate ist eben nicht gleich Lizenzrate – je nach weiteren Vertragsdetails. In vielen Markenlizenzverträgen ist der reine Preis für die Marke kaum isolierbar, beinhalten sie doch weitere geschäftliche Austauschbeziehungen mit Auswirkungen auf die Lizenzrate:

• Lizenzvereinbarungen, die neben Nutzungsrechten an einer Marke noch weitere, meist höherwertige Rechte beinhalten, z.B. an Technologie, Know-how, Copyrights etc.
• Markenlizenzen mit gleichzeitiger Warenbezugspflicht.
• Franchise-Verträge, die neben der Markenlizenzgebühr vielfältige weitere Gebühren (z.B. upfront fees, management fees) und z.T. Warenbezugspflichten beinhalten.
• Markenlizenzvereinbarungen, die als Unterstützung von Asset Deals eingegangen werden (häufig in Restrukturierungsfällen); in solchen Fällen hat die Markenlizenzgebühr meist nichts mit dem Wert der Marke zu tun.
• Konzerninterne Markenlizenzen.
• Lizenzen an medialen Properties und Celebrities.

Lizenzraten aus diesen Fallkonstellationen basieren nicht ausschließlich auf der Marke und sind damit für Vergleiche grundsätzlich nicht geeignet.

Lizenzpreise und Markenwert

Welche Rückschlüsse lassen sich nun von diesen „Mietpreisen“ für Marken auf die „Verkaufspreise“ bzw. den finanziellen Wert von Marken ziehen? Leider fast keine. Nehmen wir als Beispiel einmal die Adidas-Gruppe mit den Marken adidas, Reebok, TaylorMade und Rockport zum Zeitpunkt Ende 2010. Durch Lizenzvergaben an den Marken z.B. für Kosmetik, Brillen, Uhren erzielt Adidas durchschnittliche Lizenzerträge von acht Prozent auf den Lizenzumsatz. Überträgt man diesen Satz auf das eigene Geschäft mit Marken, müsste der Wert der Adidas-Marken bei einem Kapitalkostensatz (WACC) von zehn Prozent, einem angenommenen Umsatzwachstum von zwei Prozent (sehr konservativ) und unbegrenzter Nutzungsdauer demnach bei ca. 87 Prozent des aktuellen Markenumsatzes bzw. 9,1 Mrd. Euro liegen. Dieser Wert der Marken entspräche aber 95 Prozent des gesamten Unternehmenswertes, was angesichts anderer, äußerst werthaltiger materieller und immaterieller Vermögensgegenstände schlechterdings nicht möglich ist. Die Anwendung der Lizenzanalogie- Methode in der finanziellen Markenbewertung führt also tendenziell zu einer Überbewertung.
Schauen wir uns umgekehrt noch das Beispiel eines reinen Lizenzmanagement-Unternehmens an, die an der Nasdaq gelistete Iconix Brand Group. Dieses Unternehmen besitzt 24 unterschiedliche Marken, das Geschäftsmodell besteht ausschließlich aus der Vergabe von Lizenzen an diesen Marken. Hier liegt der gesamte Unternehmenswert – trotz starken Wachstums – nur beim 0,32-Fachen des Jahres-Lizenzumsatzes und nur beim Fünffachen der Jahres-Lizenzeinnahmen. Andere reine Lizenzunternehmen werden üblicherweise sogar nur mit dem Zwei- bis Vierfachen der jährlichen Lizenzeinnahmen bewertet. Grund für die niedrigen Bewertungen von Lizenzgeschäften ist die Tatsache, dass Lizenzvereinbarungen eine Restlaufzeit von nur wenigen Jahren haben mit ungewisser Aussicht auf Verlängerung – im Gegensatz zum unbefristeten Eigengeschäft mit Marken. Daher sind Lizenzgeschäfte relativ weniger wert als Eigengeschäfte.
Fassen wir zusammen: Die Lizenzgebühren für Marken hängen von unterschiedlichen Parametern ab, deren Kenntnis und Zusammenspiel wichtig ist für das Verhandeln von ausgewogenen Markenlizenzvereinbarungen. Die Berücksichtigung von empirischen Referenzwerten kann dabei sehr hilfreich sein. Allerdings ist große Vorsicht geboten, wenn man solche Lizenzpreise als Referenzgrößen für die Ermittlung von Markenwerten heranzieht. Marken erzielen am Markt relativ hohe „Lizenzpreise“. Diese Preise werden aber nur zeitlich befristet realisiert. Dazu kommen kostenlose Synergieeffekte für den Lizenznehmer, und die Kosten des Lizenzmanagements beim Lizenzgeber. Daher sind Lizenzpreise kein geeigneter Wertindikator für Markeneigentum.

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Autorin(nen) / Autor(en):
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Capstone Branding Gmbh