Multisensory Branding – starkes Mittel zur Differenzierung und verstärkten Markenerinnerung
Der Käufer findet sich heute in einer Konsumwelt wieder, die von Informationsflut und Me-too-Produkten geprägt ist. Statt vergleichbarer Leistungen und Funktionen beeinflussen ihn zunehmend weiche Faktoren wie Farbe, Geruch oder Stimmung. Ein emotionales Markenerlebnis mit einer stimmigen Ansprache mehrerer Sinne wird zunehmend kaufentscheidender. Genau hier setzen multisensorische Markenbildung und Marketing an. Ziel ist es, Marken schärfer von der Konkurrenz zu unterscheiden. Über eine verstärkte Markenerinnerung lassen sich neue Kunden gewinnen und bei bestehenden eine höhere Markenbekanntheit erreichen. Das ist besonders wichtig für Marken oder Produkte, die neu in den Markt eingeführt oder auf neue Absatzmärkte ausgeweitet werden.
Jeder Mensch kennt das: Ein bestimmter Duft oder ein bestimmtes Lied wecken Erinnerungen an ein ganz konkretes Erlebnis. Denn das menschliche Gehirn selbst arbeitet multisensorisch. Schon kurz nach der ersten Verarbeitung werden Sinneseindrücke zu konkreten Markenkonzepten zusammengeführt. Das limbische System bewertet diese Sinnesdaten emotional und versucht, Botschaften zu erkennen: Ein schwerer Gegenstand wird als wertvoller erachtet als ein leichter, das dumpfe Zufallen einer Autotür wirkt exklusiver als ein hohes. Werden alle fünf Sinne gleichermaßen angesprochen, verzehnfacht sich die Wirkung sogar. Diese multisensorische Verstärkung wird Multisensory Enhancement genannt. Die Lebensmittelindustrie nutzt diesen Effekt bereits zur Aufwertung der Verpackungen, indem zum Beispiel intelligente Schnappverschlüsse durch „geborgte“ Keysounds hochwertige Materialien suggerieren. Wenn aber empfangene Reize einander widersprechen, kann sich die Wirkung auch aufheben: Ein Powerdrink in einer grauen, bauchigen Flasche zum Beispiel vermittelt sicher nicht das Gefühl einer Leistungssteigerung ...
Eine neue Methodik revolutioniert das multisensorische Branding
Drei Trends unterstützten die beiden multisensorischen Pioniere bei der Suche nach einer geeigneten Methodik: Erstens ist die heutige Wissenschaft so gut wie nie zuvor über die Physiologie unserer Sinne und ihre Zusammenarbeit informiert. Zweitens wirkt der Markt selbst: Die Demokratisierung von Luxus macht viele Premium-Merkmale auch für Mittelklasse-Konsumenten verfügbar.Zum Dritten spielt die Markendifferenzierung eine große Rolle. Das zunehmende Maß an Konkurrenzprodukten und allgegenwärtiges Marketing zwingen Unternehmen, neue Wege zu finden, um ihre Produkte vom Wettbewerb abzugrenzen und die Aufmerksamkeit der Käufer zu erlangen. Marken-Gurus wie Martin Lindstrom wissen um die Kraft multisensorischen Brandings und weisen auf die „Macht der vernachlässigten Sinne“ hin. Lindstrom nennt die katholische Kirche als gutes Beispiel für die multisensorische Ansprache aller Sinneskanäle, denn in über 1000 Jahren hat sie es geschafft, vom Glockengeläut über den Weihrauch bis hin zu den Farben der Messgewänder alle Sinne zu stimulieren, um damit eine hohe Markenerinnerung und emotionale Bindung zu erreichen. Aber welches Unternehmen hat schon mehr als 1000 Jahre Zeit? Corporate Senses, das erste Institut für integrierte multisensorische Markenbildung, hat sich mit diesem Thema sehr intensiv auseinander gesetzt und nach einer Lösung gesucht, wie man eine Marke multisensorisch entwickeln kann, ohne die Zielgruppe über lange Zeiträume zu konditionieren. Dennoch soll ein holistisches, in sich stimmiges Markenerlebnis erzielt werden, bei dem ein Sinn den anderen verstärkt. Dabei wurde die Hypothese entwickelt, dass es möglich sei, den kleinsten gemeinsamen Nenner einer Marke, seinen Markenkern, sensorisch so zu „verschlüsseln“, dass er beim bloßen Riechen, Sehen, Hören, Fühlen oder Schmecken durch die angesprochene Zielgruppe wieder erkannt, sprich „sensorisch entschlüsselt“ werden kann.
„Harley Davidson lässt sich das Röhren der eigenen Maschinen patentieren. Procter & Gamble beschäftigt sogar speziell ausgebildete Parfumeure für den perfekten Waschmittelgeruch. Und spätestens seit dem Charmin-Bär wissen deutsche Fernsehzuschauer, wie sich ein Toilettenpapier anfühlen muss. Unternehmen appellieren mit ihren Marken an die Sinne ihrer Kunden – genauer gesagt an einen oder zwei Sinne. Sound-Branding, Produkt-Beduftungen, fühlbare Markenwelten sind erste gute und kreative Versuche, die eigenen Marken in die Köpfe und Herzen der Verbraucher zu bringen. Aber bis heute sind es nur Insellösungen, denn eine stimmige, ganzheitliche und kongruente Ansprache aller fünf Sinne der Zielgruppen bleibt bis dato aus.“ Karsten Klepper
In Zusammenarbeit mit Sensorik-Experten hat das Corporate Senses Institut die NotaSensorik entwickelt, als wissenschaftliche Methodik zur kongruenten Übersetzung eines Markenwerts für alle fünf Sinne. Mittels einer umfangreichen sensorischen Teststudie wurde die Hypothese im September 2010 validiert.
Umdenken für Marken-Manager
Die meisten Unternehmen konzipieren ihren Marketingschwerpunkt nach wie vor ein-, maximal zweidimensional. Meist ist die visuelle Ansprache stark ausgeprägt. Die Hersteller befinden sich jedoch nicht mehr nur im Wettbewerb der Produkte, sondern im Kampf um die Wahrnehmung und um die Nachhaltigkeit des Markenerlebnisses. Für eine Marke der Zukunft reicht es daher nicht mehr aus, nur einen Sinn oder mehrere inkongruent anzusprechen. Denn nur bei multisensorisch ganzheitlich und gleichgerichteten Marken ist die Wahrnehmung sehr viel stärker und die Erinnerung wesentlich höher. Integrierte multisensorische Markenbildung wird zum entscheidenden Steuerungsinstrument zukünftiger Markenführung.