Marken offensiv verteidigen

Marken offensiv verteidigen

Je interessanter und gefragter ein Produkt ist, desto schneller ruft es Unternehmen auf den Plan, die gefälschte Markenware anbieten – in vielen Fällen über Online-Portale. Vor allem China hat sich zu einem Zentrum der Markenpiraterie entwickelt. Doch Hersteller von Qualitätsprodukten sind betrügerischen Machenschaften nicht schutzlos ausgeliefert, vorausgesetzt, sie verfügen über eine wirksame Strategie beim Online-Markenschutz.

Auf vielen Publikumsund Fachmessen bietet sich jedes Jahr das gleiche Bild: Stände von Ausstel lern werden durchsucht und Ausstellungsstücke beschlagnahmt. Der Grund: Unter den Exponaten mancher Aussteller befinden sich Plagiate von Produkten anderer Hersteller. Die Palette reicht von Kleidung und Schmuck über Badarmaturen bis hin zu Motorsägen und Hochleistungspumpen. Vor allem Anbieter aus China zeigen wenig Scheu, auf Kosten anderer Geschäfte zu machen.
Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) beschlagnahmten amerikanische Behörden im Jahr 2013 gefälschte Waren im Wert von 1,7 Milliarden Dollar. Davon stammten fast 75 Prozent aus der Volksrepublik China. Auf ähnliche Zahlen kommen die deutschen Zollbehörden. Mehr als 70 Prozent der gefälschten Produkte, die 2013 in Deutschland beschlagnahmt wurden, wurden in China produziert. Weitere 19 Prozent kamen aus der Sonderverwaltungszone Hongkong.
Ein besonders dreister Fall: Ein Hersteller aus China verkaufte auf der Konsumelektronikmesse CES, die Anfang Januar in Las Vegas stattfand, Imitationen der Apple Watch. Das Modell „Made in China“ war äußerlich nicht vom Original zu unterscheiden. Besonders pikant war dieser Vorfall, weil der Verkauf des Originals erst Ende April startete. Umso deutlicher hob sich die „Smart Watch“ des chinesischen Herstellers preislich von der Apple Watch ab. Sie kostete nur 30 Dollar statt der 349 Dollar, die Kunden für das Apple Modell zahlen müssen.

Milliardenschäden für den Maschinenbau

Doch nicht nur hochwertige Konsumgüter wie Bekleidung, Parfums oder elektronische Geräte werden imitiert und über Online-Plattformen wie Alibaba, PaiPai oder Taobao vermarktet. Mittlerweile sind auch Investitionsgüter von dieser Entwicklung betroffen. So geht die Arbeitsgemeinschaft Produkt- und Know-how-Schutz des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) davon aus, dass der Maschinenbau-Branche in Deutschland jährlich ein Schaden in Höhe von rund 7,9 Milliarden Euro durch Produktfälschungen entsteht. Der Verband hat ermittelt, dass rund 72 Prozent der Plagiate aus China stammen.

Online-Handel wird in China immer wichtiger

Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Online-Handel. So hat sich die Zahl der Online-Käufer in China in den vergangenen drei Jahren auf mehr als 250 Mil l ionen verdreifacht. Marktexperten erwarten, dass der Umsatz über diesen Vertriebskanal im Jahr 2018 rund 670 Milliarden Euro beträgt. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, eine offensive Verteidigungsstrategie im Bereich Markenschutz zu verfolgen, welche die Vertriebswege über Online- Handelsplattformen mit einbezieht.
Doch das ist leichter gesagt als getan. Eine erste Hürde für Unternehmen, die Marken und Produkte in China schützen lassen möchten, ist die Registrierung ihrer Warenzeichen. Viele Markeninhaber wählen eine International Registration (IL) bei der World Intellectual Property Organization (WIPO). Der Grund ist, dass sich diese Form der Registrierung einfacher, schneller und preisgünstiger durchführen lässt als beim Chinese Trademark Office (CTMO).
Besser ist es jedoch, Warenzeichen in China registrieren zu lassen. Denn dort besteht ein komplexes Kategorisierungssystem mit einer Vielzahl von Klassen, das die Anmeldung von Trademarks erschwert. Ein Hersteller von Markenbekleidung, der gleichzeitig Schuhe und Parfums vertreibt, muss beispielsweise auch für diese Produktkategorien einen separaten Markenschutz beantragen. Ansonsten kann es passieren, dass ein Mitbewerber sich für Parfums das betreffende Warenzeichen sichert.

Zuerst alle Warenzeichen schützen

Daher ist es dringend geboten, bereits vor der Einführung neuer Produkte alle Warenzeichen anzumelden, und zwar in jedem Land, in dem diese vermarktet werden sollen. Im Fall China sollte dies mithilfe von Fachleuten vor Ort erfolgen, die mit der Sprache, der Kultur und den juristischen Eigenheiten des Landes vertraut sind. Zudem verfügen einheimische Exper ten über hi l f reiche Kontakte zu Behörden und Partnerunternehmen. Solche Netzwerke sind in China unverzichtbar, um den Zugang zum Markt zu vereinfachen und Schwierigkeiten auszuräumen.
Ein lokaler Rechtsbeistand sollte prüfen, wie durchsetzungsfähig Warenzeichenrechte sind und welche Vorgaben im Detail zu beachten sind. Ansonsten droht die Gefahr, dass ein Unternehmen einen Gutteil seines Geschäfts an einheimische Mitbewerber verliert. Diese machen sich häufig die Stärke einer globalen Marke zunutze, um gewissermaßen im Windschatten eines etablierten Anbieters Umsätze zu generieren.

Online-Marktplätze analysieren

Ein beträchtlicher Teil des Handels mit gefälschten Produkten läuft in China über Online-Handelsplattformen wie Alibaba, Tradetang, eBay Hongkong oder Taobao. Daher ist es ein Muss, solche Plattformen daraufhin zu analysieren, welche Unternehmen dort gefälschte Waren anbieten oder Warenzeichen missbrauchen und in welchem Umfang dies erfolgt.

Jährlicher Schaden von rund 7,9 Milliarden Euro in der Maschinenbau- Branche

Das lässt sich nur mithilfe von technischen Hilfsmitteln erreichen, beispielsweise speziellen Brand- Protection-Plattformen. Sie analysieren B-to-B- und B-to-C-Börsen, eCommerce-Web-Seiten, soziale Medien und Nachrichtenforen auf Verstöße gegen das Markenschutzrecht. Solche Plattformen ermöglichen es zudem einem Markeninhaber, Marktplatzangebote nach Region und Typ zu kategorisieren, etwa ob es sich bei einem Angebot um Fälschungen oder Graumarktware handelt. Dadurch wiederum ist es möglich, die entsprechenden Gegenmaßnahmen einzuleiten.

 

Fälscher konsequent verfolgen

Wichtig ist, dass Markenunternehmen konsequent gegen Verstöße vorgehen. Nur wer sich für Produktfälscher zu einem Störfaktor entwickelt, hat eine Chance, deren illegalen Machenschaften einen Riegel vorzuschieben. Abwehrmaßnahmen wie Löschungsanträge sollten in enger Zusammenarbeit mit einem chinesischen Rechtsbeistand umgesetzt werden. Dies gilt umso mehr, als speziell in China einige Marktplätze den Verkauf von Marken- und Produktplagiaten erlauben, die sich nur durch minimale Änderungen an Logos oder Produktnamen vom Original unterscheiden.
Auf Unterstützung durch die Betreiber von Online-Handelsplattformen bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche sollte der Inhaber eines Warenzeichens nicht vertrauen. So monierte im Juli 2014 selbst die chinesische Staatliche Kommission für Industrie und Handel (State Administration for Industry and Commerce, SAIC) in einem Prüfbericht, dass insbesondere Alibaba, der größte Betreiber von Online- Marktplätzen in China, eine allzu laxe Haltung gegenüber Produktpiraten einnimmt. Abhilfe ist jedoch nicht in Sicht: Beide Seiten vereinbarten, eine Strategie gegen Marken- und Produktpiraten zu erarbeiten. Ob und wann diese umgesetzt wird, steht noch in den Sternen.

Fazit: Markenschutz in eigene Hände nehmen

Für viele Unternehmen ist China unverzichtbar – als Absatzmarkt und als Herstellungsstandort. Das bedeutet jedoch nicht, dass Verstöße gegen das Markenschutzrecht durch Hersteller, Handelsunternehmen und Online- Marktplätze klaglos hingenommen werden sollten. Nur wer sich gegen Markenschutzverletzungen wehrt, bewahrt seine Marken vor Schaden und vermeidet Umsatzeinbußen.

Jeder sechste Online-Käufer fällt Betrugsseiten mit gefälschten Produkten zum Opfer.

Die Praxis zeigt, dass sich auf chinesischen Marktplätzen mit Unterstützung von Markenschutzexperten Compliance-Raten von bis zu 85 Prozent erreichen lassen. Dies unterstreicht, dass sich eine offensive Verteidigung auszahlt.

Best Practices für einen effizienten Markenschutz

Um sich auf dem chinesischen Markt vor einem Missbrauch eigener Marken zu schützen und damit Umsatzeinbußen zu vermeiden, empfiehlt MarkMonitor folgende Best Practices:

  • Von einem lokalen Rechtsbeistand die Durchsetzungsfähigkeit von Warenzeichenrechten prüfen lassen und sich bezüglich lokaler Anforderungen beraten lassen.
  • Fälscher aktiv bekämpfen und konsequent die Löschung von Fälschungen verlangen.
  • Mithilfe von Analysetechniken gefälschte Warenzeichen und Produkte auf den beliebtesten Online-Handelsplattformen ermitteln und dadurch besonders aggressive Anbieter von Nachahmprodukten identifizieren.
  • Löschanträge in jedem Fall von Fachleuten prüfen lassen, die der Landessprache mächtig sind, mit den kulturellen Spezifika vertraut sind und über ein Netzwerk von Kontakten zu Behörden und Unternehmen verfügen.
  • Unternehmensinterne Abläufe auf die Eigenheiten und speziellen Richtlinien der (Online-)Marktplätze anpassen, die als Vertriebsweg für Produkte dienen.
  • Bevor sich ein Unternehmen für einen Markenschutzpartner entscheidet, sollte es sich über dessen Compliance-Rate und Marktplatz-Abdeckung in China informieren.
  • Erkenntnisse aus dem Kampf gegen Fälscher dazu nutzen, um neue Marktchancen zu identifizieren und auf die Wünsche der eigenen Kunden besser einzugehen.
Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Regional Manager Central Europe
MarkMonitor