Kundenbindung – nicht die Zufriedenheit, der Kundenbindungsmix entscheidet!

Kundenbindung – nicht die Zufriedenheit, der Kundenbindungsmix entscheidet!

Das Thema Kundenbindung erfährt derzeit ein Revival. Beispielsweise überlegen viele Unternehmen, die bislang kein Kundenbindungssystem implementiert haben, ein solches einzuführen. Hingegen zweifeln zahlreiche Unternehmen, die vor Jahren einen Kundenclub oder ein Bonussystem eingeführt haben, an der wirtschaftlichen Effizienz dieser Instrumente. Nach wie vor fokussiert sich Kundenbindungsmanagement häufig noch auf die Erhöhung der Kundenzufriedenheit, da gemeinhin angenommen wird, dass zufriedene Kunden auch gleichzeitig loyale Kunden sind. Doch hat die Kundenzufriedenheit nicht die Bedeutung für die Kundenbindung, die ihr oftmals zugeschrieben wird. Nicht selten wandern auch sehr zufriedene Kunden ab. Was also tun, wenn Zufriedenheit allein nicht mehr ausreicht, um die Kunden zu halten? Der richtige Kundenbindungsmix entscheidet!

Gerade in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten werden die Loyalisierung und Bindung der Kunden an das Unternehmen zu entscheidenden Erfolgsgrößen. Die langfristige Bindung der Kunden an den Anbieter erscheint insbesondere sehr ratsam, da es oftmals vielfach teurer ist, einen Kunden neu zu akquirieren als einen bestehenden Kunden zu halten. Die Kundenbindung nimmt somit eine zentrale Rolle im Kundenbeziehungsmanagement ein – auch wenn die Neukundenakquisition nicht vernachlässigt werden darf. Neben der Kundenbindung hat in den vergangenen Jahren auch das Thema Kundenzufriedenheit sowohl in der Praxis als auch im wissenschaftlichen Diskurs eine sehr große Bedeutung eingenommen. Viele Unternehmen setzen sich als primäres Ziel ihrer unternehmerischen Tätigkeit, die Zufriedenheit ihrer Kunden zu erhöhen, weil diese als Voraussetzung nicht nur für die Kundenbindung, sondern auch für geringere Preiselastizitäten, für positive Mund-zu-Mund Propaganda und für höhere Umsätze und Gewinne, kurz für den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens gegenüber dem Wettbewerb gilt. So setzt sich beispielsweise Bosch als oberste Priorität im Unternehmensleitbild: „Wir wollen zufriedene Kunden.“
Der Zusammenhang zwischen den Größen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung beschäftigt die Marketingforschung und -praxis bereits seit Jahrzehnten. Auch wenn oftmals nachgewiesen ist, dass zufriedene Kunden eine deutlich höhere Bereitschaft aufweisen, dem Anbieter treu zu bleiben, ist zu beobachten, dass sie trotz hoher Zufriedenheit zur Konkurrenz abwandern. Dieser Umstand lässt an der Bedeutung der Kundenzufriedenheit für eine nachhaltige Kundenbindung zweifeln und stellt die Investitionen in die Erhöhung der Kundenzufriedenheit durch z.B. Werbekampagnen oder Schulung der Mitarbeiter infrage. Warum verlassen zufriedene Kunden den Anbieter, und welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, eine langfristige Kundenbindung sicherzustellen?

Kundenbindung = Kundenzufriedenheit?

Um diesen Fragen nachzugehen, gilt es zunächst, ein klares Begriffsverständnis von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu erarbeiten. Kundenzufriedenheit wird oftmals als Folge eines kognitiven Vergleichs zwischen der vom Kunden erwarteten Soll- Leistung an den Anbieter und der subjektiv wahrgenommenen Ist-Leistung interpretiert. Stellt sich im Vergleich heraus, dass die wahrgenommene Leistung (Ist) genau der Soll-Leistung entspricht, so entsteht Konfi rmation (Bestätigung) und letztendlich Zufriedenheit. Weichen beide Komponenten voneinander ab, resultiert Diskonfi rmation. Negative Diskonfi rmation (Unzufriedenheit) entsteht, wenn die Ist-Leistung niedriger als die Soll-Leistung ist. Positive Diskonfi rmation (gesteigerte Zufriedenheit) resultiert, falls die wahrgenommene Leistung den Vergleichsstandard übersteigt.
Kundenbindung kann sowohl aus nachfrager- als auch aus anbieterbezogener Sicht formuliert werden. Aus Nachfragersicht wird Kundenbindung oft als verhaltensbezogen interpretiert und stark mit Loyalität assoziiert. Demnach gilt ein Kunde an den Anbieter gebunden, wenn er diesem treu bleibt, regelmäßig wiederkauft oder Zusatzkäufe tätigt sowie gewisse materielle und formelle Wechselbarrieren vorliegen. Anders ausgedrückt ist nachfragerbezogene Kundenbindung dann vorhanden, wenn es Gründe für den Kunden gibt, die wiederholtes Kaufen als sinnvoll oder gar notwendig erscheinen lassen.
Wird Kundenbindung aus anbieterorientierter Sicht aufgefasst, werden darunter alle Maßnahmen des Unternehmens verstanden, die zu kontinuierlichen oder vermehrten Wieder-, Zusatz- und Folgekäufen führen bzw. verhindern, dass Kunden abwandern. Demnach geht es hierbei darum, die Potenziale der Kunden auszuschöpfen.

Nachfragerbezogene Störfaktoren der Zufriedenheit-Bindungs-Kette

Warum wandern Kunden vom Unternehmen ab, auch wenn sie mit dessen Leistungen hoch zufrieden sind? Mögliche Ursachen liegen zum einen in psychologischen Größen wie dem Bedürfnis nach Abwechslung oder der Bequemlichkeit, einen anderen Anbieter zu wählen. Das Konzept des „Variety Seeking“, das intrinsisch motivierte Bedürfnis des Konsumenten nach Abwechslung, geht davon aus, dass der Konsument nicht aufgrund veränderter Präferenzen zu einem anderen Unternehmen wechselt, sondern vielmehr, weil ihm der Wechsel an sich einen Nutzen bringt. Demnach strebt der Konsument danach, Langeweile in der Kaufentscheidung zu vermeiden, indem er durch die Wahl einer neuen Marke bzw. eines anderen Anbieters ein gewisses Maß an innerer Erregung schafft. Dies mag erklären, warum zum Beispiel im Automobilsektor Kunden, die zuvor eine sehr hohe Zufriedenheit mit dem Unternehmen äußern, kurze Zeit später abwandern. Oftmals fahren Konsumenten jahrelang ein und dasselbe Auto, sodass mit der Zeit der Wunsch entsteht, etwas Neues auszuprobieren – nicht selten verbunden mit einem Markenwechsel. Noch stärker ist das Bedürfnis nach Wechsel in den Bereichen Mode, Tourismus und Gastronomie ausgeprägt.
Darüber hinaus kann auch der Drang zur Bequemlichkeit einen Erklärungsansatz dazu liefern, dass zufriedene Kunden dennoch vom Unternehmen abwandern. Beispielsweise wechselt der Kunde zu einem konkurrierenden Lebensmittelmarkt, weil dieser nach seinem Wohnungsumzug viel schneller und leichter erreichbar ist. Die Zufriedenheit wird so zu Gunsten der räumlichen Nähe vernachlässigt.
Auch das Produktinvolvement mag einen Einfluss auf die Beziehung zwischen Kundenzufriedenheit und der Kundenbindung haben. Ist das Involvement, definiert als das generelle Interesse des Konsumenten an dem Produkt, gering, so wird der Verbraucher eher geneigt sind, das Produkt und den Anbieter zu wählen, das bzw. der am schnellsten seine Bedürfnisse befriedigt. Demnach wird der Zusammenhang zwischen den beiden Variablen geringer sein als bei hoch involvierten Verbrauchern.
Neben diesen psychologischen Störgrößen können auch faktische Faktoren die Beziehung zwischen der Kundenzufriedenheit und der Kundenbindung unterbrechen. So kann die Nicht-Verfügbarkeit des ursprünglichen Produkts dazu führen, dass der Kunde gezwungen ist, auf eine andere Marke, einen anderen Hersteller, zu wechseln. Findet der Konsument Gefallen an der neuen Marke, wird er wahrscheinlich auch in Zukunft diese wieder wählen. Für das Unternehmen ist er nun zunächst verloren. Zudem sind attraktive Konkurrenzangebote wie Sonderpreisaktionen oder Musterabgaben des Wettbewerbers ein häufiger Grund für einen Anbieterwechsel, insbesondere bei sehr austauschbaren Produkten.

Den richtigen Kundenbindungsmix finden

Die vorgestellten Störgrößen offenbaren, dass Unternehmen nicht nur auf Zufriedenheit der Kunden vertrauen dürfen, sondern weitere Maßnahmen zur langfristigen Kundenbindung ergreifen sollten. Es stellt sich dabei die Frage nach den anbieterbezogenen Möglichkeiten der Kundenbindung. Auch wenn die vorgestellten Störfaktoren nicht immer direkt vom Anbieter beeinflussbar sind, kann ein systematisches Kundenbindungsmanagement helfen, die Kunden langfristig zu halten. Beispielsweise kann auf das Kundenbedürfnis nach Abwechslung proaktiv reagiert werden. Sind Konsumenten nicht mehr vom Wechsel abzuhalten, kann der Anbieter mittels eigener Angebote versuchen, den Konsumenten zumindest beim Anbieter zu halten. Alternativangebote wie verschiedene Varianten eines Produkts bieten dem Konsumenten die Möglichkeit, seinem Bedürfnis nach Abwechslung nachzukommen und gleichzeitig dem Anbieter, den wechselwilligen Kunden zu halten. Ein gutes Beispiel hierfür ist Unilever: Mit den Marken Rama, Lätta und Becel und deren verschiedenen Produktsorten lässt dieses Unternehmen dem Konsumenten ausreichende Vielfalt bei der Wahl der täglichen Margarine, hält ihn jedoch beim eigenen Unternehmen.

Institut für Marketing der Universität St. Gallen

Mit rund 30 Mitarbeitenden erforscht das Institut für Marketing der Universität St. Gallen in den Kompetenzzentren die Themen B-to-B-Marketing, Verkaufsmanagement, Dialogmarketing, Messen, Multichannel-Management und kooperatives Marketing sowie Marketing Performance Management (www.ifm.unisg.ch).

Im strategischen Marketing befassen wir uns mit den übergreifenden Themen Innovatives Marketing, Trends/Kundeninformation/Kundenverhalten, Markenführung, Internationales Marketing, Solutionsund Volumengeschäft, Kundenmanagement sowie Marketingführung und -organisation.

Ziel des Instituts ist es, die eigene Forschung und Entwicklung mit führenden Unternehmen und Führungskräften zu verbinden. In allen Bereichen wird der Transfer zudem durch betriebsübergreifende und interne Weiterbildungen sowie die St. Galler "Marketing Review" (Gabler Verlag) gefördert.

Im Institutsleiterteam wirken mit: Prof. Dr. Christian Belz (Geschäftsführer), Prof. Dr. Sven Reinecke, Prof. Dr. Marcus Schögel, Dr. Michael Reinhold, Dr. Christian Schmitz und Prof. Dr. Dirk Zupancic.

Flankiert werden diese Aktivitäten durch mehrere weitere Institute im Marketingdepartement der Universität St. Gallen. Spezialisten befassen sich in den Instituten für Versicherungswirtschaft, für öffentliche Dienstleistungen und Tourismus und für Banken, für Wirtschaft und Ökologie sowie den Forschungsstellen für Customer Insight und Internationales Handelsmanagement mit Marketing.

MINI Community

Die Marke MINI setzt seit Jahren sehr erfolgreich auf Communities als Element der Kundenbindung und Kundenbegeisterung. Etwa jeder zweite MINI-Kunde ist in einem der weltweit etwa 500 MINI-Clubs organisiert, bewegt sich aktiv auf den Web-Seiten der Marke oder nimmt an internationalen Treffen der MINI-Community (z.B. MINI United) teil. Ziel ist es dabei, die Kunden für die Marke zu begeistern, ihnen ein Markenerlebnis zu vermitteln und dauerhafte soziale Beziehungen aufzubauen. So kamen beispielsweise zur MINI United 2009 in Silverstone allein 20 000 Fans zusammen, um sich über ihren MINI auszutauschen und bei Live-Musik – oftmals können die Fans im Vorhinein das Programm selbst (mit-) gestalten – gemeinsam die Marke zu feiern. MINI verzichtet jedoch bewusst auf ein Management der Inhalte der Community, um die Unabhängigkeit der Interessensgemeinschaft zu gewährleisten. Es wird vielmehr versucht, mittels Veranstaltungen oder Internetplattformen wie MINISPACE.com den Rahmen für diesen Austausch zusetzen.

Quelle: Interview mit Dr. Wolfgang Armbrecht: Produkt- und Communitymanagement bei der Weltmarke MINI, in: Marketing Review St.Gallen, 5/2008,


Analog verfährt auch die Firma Mars im Katzenfutterbereich mit den Marken Brekkies, Kitekat, Whiskas und Sheba. Ebenso kann die Kommunikation entsprechend gestaltet werden, dass dem Kunden die Risiken, die mit einem Wechsel verbunden sind, aufgezeigt werden. Exemplarisch wirbt die Waschmittelmarke Ariel aus dem Procter & Gamble- Konzern mit dem Slogan „Ariel wäscht nicht nur sauber, sondern rein. Soll’s wirklich rein sein, muss es Ariel sein“, der die Qualitätsüberlegenheit gegenüber dem Wettbewerb suggerieren soll. Ein Markenwechsel sei für den Kunden mit Qualitätseinbußen verbunden. Ebenso schreibt sich der Frischkäsehersteller Exquisa auf seine Fahne: „Keiner schmeckt mir so wie dieser.“ Ein wichtiger loyalisierender Aspekt ist das Schaffen von Vertrauen und damit verbunden oftmals auch von persönlichen Beziehungen zwischen Mitarbeitenden des Anbieters und den Kunden. Nichts bindet effektiver als persönliche Beziehungen. Vertrauen ist insbesondere bei Dienstleistungen relevant, wenn der Kunde in direkter Interaktion mit dem Anbieterunternehmen steht und das Leistungsergebnis direkt von der Mitarbeiter- Kunde-Interaktion abhängt. Dienstleistungen sind oftmals mit Risiko für den Konsumenten behaftet, da die Leistungsbewertung in der Regel erst nach der Erbringung erfolgen kann – im Unterschied zur Zufriedenheit setzt Vertrauen immer ein gewisses Maß an Unsicherheit und Risiko voraus. Beispielsweise kann der Friseur erst bewertet werden, wenn die Frisur geschnitten ist. Vertrauen in den Mitarbeiter und in den Anbieter kann das wahrgenommene Risiko mindern und den Konsumenten dazu motivieren, das nächste Mal wieder diesen Friseur aufzusuchen, da die bisherigen Erfahrungen positiv sind. Vertrauen ist also ein ex-ante Ziel, im Vergleich dazu kann die Zufriedenheit definitionsgemäß immer erst ex-post resultieren.
Auch die regelmäßige persönliche Interaktion zwischen den Kunden des Anbieters bzw. dem Kunden mit dem Anbieter bietet weitere Möglichkeiten der Kundenbindung. Im heutigen Internetzeitalter haben viele Konsumenten den Wunsch, sich mit Gleichgesinnten virtuell auszutauschen – unternehmenseigene Communities können den Konsumenten eine Plattform für den Austausch bieten und dabei stets in Kontakt mit den Kunden bleiben und die eigene Marke bei ihnen präsent halten. Hier können Unternehmen mit zielgerichtetem Online-Marketing effektiv und effizient zugleich Kunden erfolgreich binden. Dies wird beispielsweise gut von MINI (siehe Kasten) und Harley Davidson praktiziert. Auch ein systematisches Markenmanagement kann helfen, die Kunden emotional an den Anbieter zu binden. So bietet sich auch die Möglichkeit, das Involvement des Kunden für die Leistungen des Anbieters zu erhöhen und somit den positiven Effekt der Kundenzufriedenheit auf die Bindung zu stärken. Exemplarisch sei hier Adidas genannt. Der Sportartikelhersteller schafft es erfolgreich, seine Produkte mit Attributen wie Leidenschaft für den Sport sowie sportlichem Lifestyle zu vermarkten, was sich in hohem Involvement für z.B. Laufschuhe bei den Kunden niederschlägt.
Damit Kunden dem Unternehmen langfristig erhalten bleiben, sollte ein guter Kundenbindungsmix neben psychologischen Faktoren wie Kundenvertrauen auch faktische Wechselbarrieren enthalten.

Kundenbindungsmanagement umfasst deutlich mehr als nur das Management der Kundenzufriedenheit. Freundlichkeit und Kompetenz des Personals sowie verlässliche Qualität der Leistungen sind wichtig. Unternehmen müssen individuell den richtigen Kundenbindungsmix finden.

Es gilt dabei nicht nur auf eine „Will“-Bindung seitens der Kunden zu vertrauen, sondern auch durch eine Abhängigkeit beim Kunden eine gewisse „Muss“-Bindung an den Anbieter sicherzustellen. Ziel muss es sein, einen guten Kundenbindungsmix aus für den Kunden attraktiven Angeboten des Anbieters und der faktischen Abhängigkeit des Kunden vom Anbieter zu besitzen.
Faktische Faktoren können dabei sowohl ökonomische als auch funktional-technische und vertragliche Wechselbarrieren umfassen. Ökonomische Aspekte zielen auf einen Kosten- Nutzen-Vergleich ab. So können Unternehmen den Vorteil für den Kunden erhöhen, indem sie beispielsweise die Kosten für die Erreichbarkeit des Anbieters senken oder den Kundennutzen steigern. Die Erhöhung des Nutzens kann durch Boni und Rabatte erreicht werden, die dem Kunden bei zukünftigen Einkäufen gewährt werden. Ebenso können direkte Wechselkosten den Kunden daran hindern, abzuwandern. Ein Beispiel stellen Auflösungsgebühren für ein Konto dar, die den Kunden davon abhalten sollen, die entsprechende Bank zu wechseln.
Funktional-technische Faktoren binden den Kunden aufgrund von inkompatiblen Systemtechnologien. Beispielsweise sind hier Hard- und Softwareanbieter zu nennen. Entscheidet sich ein Anwender einmal für die Apple-Welt, so ist er auch langfristig weitgehend daran gebunden, die Produkte dieses Anbieters zu erwerben, da diese einen Systemvorteil bieten. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter ist mit Kosten oder Nutzeneinbußen verbunden. Derartige Buy-in-Follow-on-Strategien sind ebenfalls bei Herstellern von Druckern oder Rasierapparaten erkennbar, deren Produkte so gestaltet sind, dass nur deren Nachfüllmaterialien passen. Meist sind die Ursprungsanschaffungen für den Kunden sehr preisgünstig, um den Kunden zunächst im harten Wettbewerb für sich zu gewinnen. Die Inkompatibilität der eigenen Produkte mit denen anderer Hersteller hilft, die Kunden dann auch beim Unternehmen zu halten. Neben diesen funktional-technisch bedingt ausgelösten Wiederholungskäufen können auch Zusatzleistungen wie Wartungs- und Reparaturservice eine Form dieser Kundenbindung darstellen.
Mit vertraglichen Wechselbarrieren erschwert der Anbieter dem Kunden die Abwanderung durch eine rechtliche Absicherung. So binden Telekommunikationsanbieter ihre Kunden meist durch mittel- bis langfristige Vertragslaufzeiten. Kündigt der Kunde vorzeitig seinen Vertrag, sind damit meist vertragliche Wechselkosten wie hohe Vertragsstrafen verbunden. Ein viel diskutiertes Instrument im Kundenbindungsmix, das sowohl faktische als auch psychologische Faktoren zusammenführen kann, ist der Kundenclub, wie zum Beispiel das Vielfliegerprogramm Miles & More der Lufthansa. Kundenclubs bieten nicht nur die Möglichkeit, die Kunden des Unternehmens besser kennen zu lernen und Marktforschung zu betreiben, sondern sie emotional und faktisch zu binden. Heißt das aber nun, dass jedes Unternehmen einen Kundenclub benötigt? Das sicherlich nicht, es hängt entscheidend vom gesamten Kundenbindungsmix ab. Ein Kundenclub kann gezielt den Kundenbindungsmix beeinflussen, sowohl auf der Loyalitäts- als auch auf der faktischen Bindungsseite, jedoch müssen auch immer Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und Faktoren wie das Involvement der Kunden für die Anbieterleistungen berücksichtigt werden. 

Fazit

Kundenbindungsmanagement umfasst deutlich mehr als nur das Management der Kundenzufriedenheit. Freundlichkeit und Kompetenz des Personals sowie verlässliche Qualität der Leistungen sind wichtig. Doch statt nur auf die Zufriedenheit der Kunden für den langfristigen Unternehmenserfolg zu vertrauen und massiv in die Steigerung dieser zu investieren, ist es vielmehr wichtig, dass Unternehmen ein systematisches Kundenbindungsmanagement pflegen und den richtigen Kundenbindungsmix für sich finden. Dabei ist nicht nur der Aufbau von Kundenvertrauen und -interaktion entscheidend, sondern ebenso sollten ökonomische, vertragliche und funktional-technische Faktoren unterstützend dazu beitragen, den Kunden nicht nur psychologisch zu binden („Wollen“), sondern auch faktisch („Müssen“). Eines von möglichen Instrumenten dazu ist ein Kundenclub. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass Kunden möglichst nicht das negative Gefühl des „Gebundenseins“ wahrnehmen, denn letztlich will jeder Einzelne seine „Freiheit“ geniessen.


Literaturhinweise: Bruhn, M./Homburg, Ch. (2008): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 6. Auflage, Wiesbaden. Dittrich, S. (2002): Kundenbindung als Kernaufgabe im Marketing. Kundenpotentiale langfristig ausschöpfen, St. Gallen.

Autorin(nen) / Autor(en):
Dozent für Betriebswirtschaftslehre
Institut für Marketing und Handel