Faszination Flughafen

Faszination Flughafen

Der Mikrokosmos Flughafen bietet eine spannende und qualitativ hochwertige Plattform für aufmerksamkeitsstarke Werbeauftritte. Neben den attraktiven Zielgruppen punkten die Airports dabei von der einzigartigen Atmosphäre, die auf vielfache Weise auf die Kommunikation abstrahlt.

E s hätte – je nach Blickwinkel – auch der Supergau werden können: Als die Fridays-for-Future- Bewegung immer größere Kreise zog und das Thema Klimawandel in aller Munde war, sagte so mancher auch einen dramatischen Einbruch der kommerziellen Luftfahrt voraus. Doch bislang scheint die Branche allen Klimadebatten zum Trotz mit einem blauen Auge davonzukommen: Zwar hat der Flughafenverband ADV im September bei den Fluggastzahlen zum ersten Mal seit Jahren ein leichtes Minus von 0,2 Prozent registriert. Doch insgesamt wurden an den deutschen Flughäfen in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 190 Millionen Passagiere gezählt, was immerhin noch einem leichten Plus von 2,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.

Flughafen-Werbung im Aufwind

Kein Wunder, dass mit den seit Jahren steigenden Passagierzahlen auch „die Relevanz von Flughafenwerbung kontinuierlich zunimmt“, wie Wolfgang Bauersachs, General Manager Mediaplus, erklärt. Das bestätigen auch die Angaben des Zentralverbands der deutschen Wirtschaft ZAW, wonach Airport Media 2018 einen Netto-Umsatz von 92 Millionen Euro erzielte. Damit verbuchen die Flughafenmedien zwar nur einen vergleichsweise kleinen Anteil von rund 8 Prozent des gesamten Out-of-Home-Werbekuchens (1,16 Milliarden Euro) für sich. Doch immerhin ist die Gattung damit im Vergleich zum Vorjahr mit 2,2 Prozent im Plus.
Die wachsende Reichweite kann aber nicht der alleinige Grund für die zunehmende Attraktivität der Airports als Werbeplattform sein. Vielmehr hat der Touchpoint Flughafen seine ganz besonderen Stärken, die in der übrigen Werbelandschaft ihresgleichen suchen.
An vorderster Front stehen natürlich die attraktiven Zielgruppen, die an den Flughäfen mit Werbung angesprochen werden können. So ist der typische Fluggast männlich, berufstätig und gut situiert, indem er im Schnitt über ein Haushaltsnettoeinkommen von über 4000 Euro verfügt. Das besagt die soeben erschienene Studie Public & Private Screens 2019/2020, die die GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung im Auftrag des Digital Media Institutes (DMI) durchgeführt hat.
Vor allem die begehrte, weil über andere Medien nur schwer erreichbare Zielgruppe der Entscheider ist aufgrund ihrer häufigen Dienstreisen an den Airports überproportional oft anzutreffen. Die höchsten Anteile an dieser Top-Zielgruppe erzielen dabei die Großflughäfen: In München, das ein jährliches Passagieraufkommen von 46 Millionen aufweist, sind beispielsweise über zwei Drittel der Reisenden in Sachen Business unterwegs. In Frankfurt, mit 69,5 Millionen Passagieren im Jahr Deutschlands größter und drittgrößter europäischer Airport, zählen 36 Prozent zu den Geschäftsreisenden.
Aber auch diejenigen, die privat eine Flugreise gebucht haben und dabei ebenfalls als kaufkräftig und markenaffin gelten, sind aus Werbersicht interessant. Denn anders als die gestressten Geschäftsleute, die gern noch bis kurz vor dem Boarding arbeiten, dominiert bei den meisten Privatreisenden die Vorfreude auf den Urlaub. Entsprechend gut gelaunt und aufgeschlossen sind sie für Werbung, die ihnen die Wartezeit bis zum Abflug verkürzt.

Lange Verweildauer

Dabei wirkt sich auch die lange Verweildauer der Passagiere an den Flughäfen von durchschnittlich zwei Stunden „positiv auf die Kontaktqualität aus“, stellt Bauersachs fest. „Gerade im Bereich hinter den Sicherheitskontrollen entschleunigen die Passagiere, was wiederum die Rezeption von Werbebotschaften fördert.“ Warte- Situationen wie an den Gates oder Gepäckbändern treiben zusätzlich die Wahrnehmung von Werbeflächen an und helfen dabei, Botschaften nachhaltiger bei den Zielgruppen zu verankern. „Der Flughafen ist ein Ort mit einer eigenen Zeitrechnung“, ergänzt Herbert Friedrich, Leiter Flughafenwerbung am Flughafen Stuttgart. „Hier wird gegessen, eingekauft, verhandelt, eingecheckt – und es wird gewartet und zugeschaut. So entstehen unzählige Momente der Aufmerksamkeit, in denen Marken ihre Kunden treffen.“
Neben den Passagieren bewegen sich aber noch weitere interessante Zielgruppen wie die so genannten Meeter & Greeter an den Airports: In Wien beispielsweise „wird rund jeder dritte Flugreisende begleitet beziehungsweise abgeholt“, sagt Ilse Koinig, Leiterin Werbeflächenvermarktung am Flughafen Wien. „Das sind mehr als zehn Millionen zusätzliche Kontaktchancen im Jahr.“ Schließlich dürfen auch die zigtausend Beschäftigten an den jeweiligen Airports sowie die zahlreichen Besucher nicht vergessen werden, die die Shopping-Angebote nutzen oder einfach nur Flughafenluft schnuppern wollen.
Denn die Flughäfen von heute haben schon lange nichts mehr mit den nüchternen Abfertigungshallen von früher zu tun. Vielmehr präsentieren sie sich als hochmoderne Erlebniswelten. So finden sich hier neben luxuriösen Business-Lounges auch umfangreiche Shop-, Gastronomie- und Unterhaltungsangebote, mit denen man sich nicht nur wunderbar die Zeit vertreiben, sondern auch reichlich Geld ausgeben kann. „Viele Flughäfen setzen vermehrt auf die Zugkraft ihrer Shopping-Areas, gerade an Wochenenden“, weiß Christian Beckemeier, Executive Media Buyer bei Areasolutions.
Nicht minder hochwertig und exklusiv sind auch die Werbemöglichkeiten, die die Flughäfen ihren Kunden zur Verfügung stellen. Diese reichen von klassischen Außenwerbeträgern über Digital Out-of-Home, Video-Walls und riesigen Megapostern bis hin zu Sonderinstallationen und Promotions- beziehungsweise Ausstellungsflächen. „Es gibt dabei sehr viel Raum für Sonderumsetzungen und natürlich auch vielfältige digitale Touchpoints, um die Besucher durch Interaktion näher an die Marken heranzuführen“, sagt Andreas Kiechle, Leiter Unternehmensentwicklung und Mitglied der Geschäftsleitung bei Outmaxx Media Service. Dabei genießen vor allem „die digitalen Medien eine hohe Akzeptanz und bieten eine willkommene Abwechslung während der Wartezeit“.

Exklusive Werbeformen am Flughafen

Das bestätigt beispielsweise eine exklusive Befragung der Media Frankfurt, die für die Vermarktung der Werbeflächen am Frankfurter Flughafen zuständig ist: „85 Prozent gefällt unsere Werbung am Flughafen. Drei Viertel nehmen Markenauftritte absatzrelevant auch in PoS-Nähe wahr, das heißt kurz vor ihrem Einkauf“, zählt Martin Korosec, Geschäftsführer bei Media Frankfurt, auf. „Und fast 70 Prozent sagten, dass sie Werbung am Flughafen exklusiver als in klassischen Medien finden.“
Als in sich geschlossenes und geschütztes Ökosystem herrscht an den Flughäfen zudem ein extrem hoher Sicherheitsfaktor, von dem letztendlich auch die Werbungtreibenden in mehrerer Hinsicht profitieren: „Aufwendigen Installationen und teuren Werbeträgern droht hier nicht – wie sonst an vielen Plätzen im öffentlichen Raum – die Gefahr des Vandalismus“, erklärt Olaf Jürgens, Leiter Media & Events am Hamburg Airport. „Für Werbungtreibende ist es hier zudem leichter zu experimentieren, neue Formen der werblichen Ansprache auszuprobieren und verstärkt den Passagier durch Interaktion einzubeziehen.“

Wolfgang Bauersachs"Gerade im Bereich hinter den Sicherheitskontrollen entschleunigen die Passagiere, was wiederum die Rezeption von Werbebotschaften fördert."
Wolfgang Bauersachs, General Manager Mediaplus

Kein Wunder, dass immer mehr Marken dieses Premium-Ambiente für ihre Kommunikation nutzen. Dabei bietet sich der Touchpoint sowohl für Imagewerbung als auch für die abverkaufsorientierte PoS-Kommunikation an. „Das Schöne an der Gattung Flughafenwerbung ist ja, dass die Spielwiese so ausgedehnt ist, dass sie beinahe jeder kreativen Idee ihren eigenen Entfaltungsspielraum bietet“, sagt Korosec. „Wir haben je nach Werbebotschaft immer das passgenaue Format – für analog wie digital, für den PoS, für Promotions, für Sonderformate und sogar für Konzepte, die den Retail- Bereich einschließen.“ Auch ist es mittlerweile an jedem Flughafen gang und gäbe, die analoge mit der digitalen Welt zu vernetzen und dadurch die Werbeauftritte in die virtuelle Ebene, sprich auf die mobilen Endgeräte der Zielgruppen, zu verlängern.

Martin Korosec"Das Schöne an der Gattung Flughafenwerbung ist ja, dass die Spielwiese so ausgedehnt ist, dass sie beinahe jeder kreativen Idee ihren eigenen Entfaltungsspielraum bietet."
Martin Korosec, Geschäftsführer Media Frankfurt

Begleitung der Zielgruppen entlang der Customer-Journey

Als stadtähnlicher Mikrokosmos bietet der Touchpoint Flughafen schließlich Marken die Möglichkeit, ihre Zielgruppen entlang der gesamten „Passenger Journey“ mit ihrer Werbebotschaft zu begleiten – angefangen bei den Zufahrtswegen auf das Gelände über das Parkhaus und entlang der Laufwege im Terminal bis hin zu den Fluggastbrücken und dem reservierten Platz im Flugzeug. „Neben lange bewährten Innenund Außenformaten, Großflächen wie die Westfassade und die Eventfläche im MAC-Forum sind dabei auch Promotions, Samplings, Exponate und sogar Events möglich“, zählt Cornelia Roßmann, Leitung Werbung und Medien am Flughafen München, auf. „Diese können gezielt an die verschiedenen Zielgruppen ausgesteuert werden, etwa an abfliegende Urlauber oder umsteigende Geschäftsreisende.“
Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Werbeflächen, die von allen Flughäfen vehement vorangetrieben wird, soll diese gezielte Zielgruppenansteuerung künftig noch besser realisierbar sein. „Dadurch besteht für Werbekunden die Möglichkeit, digitale Werbeträger auch flexibler und für einen kürzeren Zeitraum zu buchen“, sagt Roßmann. Auch wird es mithilfe der digitalen Werbeträger dann deutlich einfacher, den Mikrokosmos Flughafen in crossmediale Kampagnen zu integrieren – und das auch für kleinere Budgets, ergänzt Beckemeier.
Richtig spannend wird Flughafenwerbung, wenn die Airports die nächste Stufe der Digitalisierung erklimmen. „Dann wird es möglich sein, Inhalte programmatisch auszuspielen oder via Facetracking Zielgruppen in Echtzeit zu messen“, kündigt Jürgens an.

Werbewirkung am Airport
An einem frühen Novembermorgen lande ich müde und ohne Schlaf gehabt zu haben um 5.30 Uhr in Frankfurt. Aussteigen, Fußweg zum Terminal. Auf insgesamt neun Video-Leinwänden wird immer wieder das Urlaubsziel Sizilien beworben. Das macht Laune und inspiriert. Im edlen Terminal A angekommen, besuche ich ein paar hochwertige Geschäfte und nehme dann ein ordentliches Frühstück zu mir. Die Müdigkeit fällt ab und das Interesse an der Umgebung nimmt zu. Dabei fällt insbesondere der Werbewirkungsraum im Hauptbereich des Terminals A auf.
Geschmackvoll sind hier die Träger der Halle vorweihnachtlich geschmückt. Und erneut wird auf drei Video-Leinwänden Sizilien beworben. Mir kommt spontan der Gedanke, noch vor Weihnachten einen Sommerurlaub in Sizilien zu buchen. Auf den kann ich mich dann mit meiner Familie das ganze Jahr freuen. Zusammengenommen wurde von mir als Reisendem Sizilien zwölfmal wahrgenommen. Und aus der Werbewirkungsforschung wissen wir, wie wichtig mehrfache Kontakte mit der Werbung für den Werbeerfolg sind. Ebenso wichtig ist das Umfeld. So wie redaktionelle Umfelder die Wirkung der Werbung verbessern, so fördern der emotionale Erlebnisraum und der Touchpoint Flughafen die Werbewirkung. Kurz: Flughafenwerbung ist relevant. Flughafenwerbung kann klassische Werbung intelligent mit innovativen Werbeformen verknüpfen und das mit den unterschiedlichsten Formaten. Zudem treffen Unternehmen mit der Flughafenwerbung hoch attraktive Zielgruppen mit relativ langer Verweildauer. Allerdings wird das Potenzial der Kommunikation am Flughafen noch nicht ansatzweise ausgeschöpft. Woran liegt das? Zunächst an den Werbekunden, die den emotionalen Erlebnisraum Flughafen noch nicht hinreichend als effizienten Ort für ihre Werbung verstehen. Airports und das Umfeld von Airports lassen sich in Wahrnehmungszonen und entsprechend in Werbewirkungszonen einteilen. Wer in diesen Zonen und Räumen seine Botschaft platziert, darf mit einem überdurchschnittlichen ROMI rechnen. Dass Flughafenwerbung bei Kunden und Mediaplanern nicht übermäßig beliebt ist, liegt zu einem guten Teil daran, dass die Schaltung von Airport-Werbung zu aufwendig ist. So gibt es bislang keine Plattform, auf der ein Mediaplaner die Botschaft seines Kunden für mehrere Flughäfen mit einem Click deutschlandweit positionieren kann. Manche Flughäfen stellen noch nicht einmal ihre Mediadaten online und scheuen Transparenz. Das bedeutet in der Konsequenz, dass Umsatz für alle Flughäfen verloren geht. Werbekunden buchen dort, wo sie alles aus einer Hand bekommen. Und vor allem buchen sie dort, wo die Customer-Experience stimmt.
Autorin(nen) / Autor(en):
Airport Marketing
Institute AMI
Lehrstuhl für Marketing und Vertriebsmanagement, ESB BUSINESS SCHOOL REUTLINGEN
Prof. Schmäh Sales & Service Consulting