Die Consumer Decision Journey Entscheidungsprozesse verstehen und nutzen
Produkteigenschaften, persönliche Beratung, Vergleichs-Portale im Internet oder Empfehlungen von Freunden und Bekannten – Motive und Informationsquellen, die Menschen zum Erwerb oder zur Ablehnung von Produkten oder Serviceleistungen heranziehen, sind vielseitig. Wie Konsumenten Entscheidungen heute treffen, hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. „Konsumenten bewegen sich außerhalb des Purchase Funnel, wie sie Produkte suchen und kaufen, ist heute anders“ (Court et al, McKinsey). Und die Entwicklung setzt sich weiter fort. Auswahlprozesse werden komplexer und vielschichtiger.
Das Marketing vieler Unternehmen hat sich noch nicht überall dieser neuen Wirklichkeit angepasst. Eine Herausforderung ist die punktgenaue Justierung von Marketingausgaben und die dafür notwendigen Marktinformationen. Um die Informationen zu beschaffen, sind neue Forschungsansätze erforderlich. Herkömmliche Methoden liefern immer weniger brauchbare Informationen über die Einflüsse auf Kaufentscheidungen. Das Marktforschungsinstitut Martiz Research hat neue Forschungsansätze entwickelt, die helfen, folgende Fragen zu beantworten:
- An welcher Stelle im Entscheidungsprozess steigt die Erwägung meines Produkts, wo fällt sie?
- An welchen Stellen im Entscheidungsprozess ist die Erwägung meines Produkts am schwächsten und von Konkurrenten am leichtesten verwundbar?
- Was bewirkt den Ausschluss einer Marke von der Auswahlliste?
- Sind die Gründe, von der Liste gestrichen zu werden, an jeder Stelle im Entscheidungsprozess die gleichen oder andere?
- Welche Informationen sind an welcher Stelle im Prozess geeignet, um eine Marke oder ein Produkt von der Einkaufsliste zu streichen?
Klassische Forschungsansätze wie Brand Trackings, Wettbewerbsanalysen oder Untersuchungen von Absatzwegen beantworten nur Teilaspekte.
Neuer Forschungsansatz
Das Marktforschungsinstitut Maritz Research hat verschiedene Forschungsmethoden wie beispielsweise Treiberanalysen und Eigenentwicklungen wie Brand- Rejector-Studien und Migrationsanalysen in einem neuen Ansatz zusammengeführt, der die veränderten Kaufentscheidungsprozesse analysiert: DecisisonVue 360.
Der Ansatz wurde in verschiedenen Eigenstudien in unterschiedlichen Märkten angewendet. Dabei fanden sich interessante Ergebnisse.
Beispiel: Erwerb von Immobilien und Auswahl von Hypothekendarlehen
Eine neue Studie, die im Sommer 2012 zum Thema Immobilienfinanzierung durchgeführt wurde, verdeutlicht die Vorzüge des innovativen Tools im Finanzdienstleistungsmarkt. Befragt wurden rund 1500 Bundesbürger, die kurz vor oder nach dem Erwerb einer Immobilie standen und zur Finanzierung ein Darlehen benötigten. In welchen Phasen der Entscheidungsfindung beeinflussen welche Faktoren die Auswahl eines geeigneten Kreditgebers – und in welchem Maß? Und welches sind die ausschlaggebenden Kriterien, die einen Interessenten zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Kunden werden lassen oder ihn dazu bewegen, sich einem anderen Anbieter zuzuwenden? Mit DecisionVue 360 können wir detailliert feststellen, welche Gründe Verbraucher wann veranlassen, sich zu einer Entscheidung zu bewegen.
Sowohl zum Einstieg als auch in der Informationsphase, zum Zeitpunkt der Angebotsbeurteilung und auch, wenn aus dem Interessent bereits ein Darlehensnehmer geworden ist, ist der Zinssatz das wichtigste Kriterium. Dies bestätigten – über alle Phasen hinweg – 80 bis 90 Prozent der Befragten. Dahinter folgen „Möglichkeiten zur Sondertilgung“ „Tilgungshöhe“, „Laufzeit“ und „Höhe der Gebühren“. Auch hier kommt es nur zu unwesentlichen Verschiebungen hinsichtlich der Bedeutung der Vertragselemente – unabhängig vom jeweiligen Zeitpunkt im Entscheidungsprozess.
Anders verhält es sich allerdings mit dem Einfluss der Informationsquellen auf die Entscheidung, einen bestimmten Darlehensanbieter auszuwählen. Wenngleich ein Beratungsgespräch bei der eigenen Hausbank, Bausparkasse und Versicherung zu jeder Zeit als wichtigste Informationsquelle angegeben wird, unterscheidet sich doch der Grad des Einflusses. Die Studie belegt, dass mit Dauer des Entscheidungsprozesses die Bedeutung eines Beratungsgesprächs deutlich steigt.
Bemerkenswert ist auch, dass der Einfluss von konkreten Angeboten von Anbietern und Vermittlern stetig zunimmt, während die Wichtigkeit von Berichten und Empfehlungen von Freunden mit zunehmender Dauer nachlässt. Gleiches gilt für Vergleichs- Portale und die Websites von Anbietern. Alle drei Informationsquellen sind insbesondere bei Planungsbeginn von größerer Bedeutung – diese lässt aber im weiteren Entscheidungsprozess nach. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Beratungsgespräche der Kreditanstalten immer wichtiger werden. Für die Darlehensgeber besteht also die Möglichkeit, die Darlehensnehmer noch bis zum Vertragsabschluss von den eigenen Stärken zu überzeugen und sie damit als Kunden zu gewinnen.
Darlehensgeber, wie in diesem Beispiel, aber auch andere Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, können DecisionVue 360 nutzen, um detaillierte Informationen darüber zu erhalten, warum und vor allem wann Konsumenten sich für oder gegen eine Marke oder ein Produkt entscheiden. Damit können Banken und Bausparkassen ihre Marketingstrategien auch während einer Kampagne anpassen und somit den Bedürfnissen der Konsumenten gerecht werden.
Beispiel: Kauf von Computern
Eine andere Studie unter Verbrauchern, die kürzlich einen Computer angeschafft haben, ergab folgende bemerkenswerte Ergebnisse: Während beim Vergleich von verschiedenen Angeboten von PCs unterschiedlicher Hersteller z.B. die Bedeutung des Preises bis zum Kauf kontinuierlich an Bedeutung zunahm, was zunächst auch nicht weiter verwundert, schwanken die Einflüsse von z.B. Service und Supportleistungen (bisher ein wesentlicher Angebotsbaustein im IT-Markt), Zuverlässigkeit oder Lebensdauer des Produkts während der Entscheidungsphase.
Kaufentscheidungen verlaufen heute immer weniger linear. Häufig kommt es vor, dass sich Kaufentscheidungskriterien und ihre Gewichtung in den verschiedenen Phasen des Entscheidungsprozesses unterscheiden. Wie unsere Studien zeigen, gilt dies insbesondere bei komplexeren Anschaffungen, die mit einer gewissen Planungs- oder Vorbereitungsphase verbunden sind.
Wer diese Informationen hat und zu nutzen weiß, kann seine Marketingkampagnen punktgenau auf die Entscheidungsprozesse seiner Zielgruppen abstimmen und sich vom Wettbewerb absetzen.
Aus den Ergebnissen lassen sich zielsicher Marketingkampagnen ableiten und erstellen, die den Wettbewerb dort attackieren, wo dieser am effektivsten zu treffen ist, und gleichzeitig die eigenen Produkte gegen Angriffe von Konkurrenten an möglichen Schwachpunkten stärken.
Fazit: Neue Wege – neue Forschungsmethoden
Nie schien es schwerer als heute, Konsumentenverhalten zu prognostizieren. Denn nie hatte es der Verbraucher leichter, Produkte und Marken zu bewerben oder öffentlich zu kritisieren. Social Media wie Facebook und Twitter gewähren den Verbrauchern Mitspracherechte und ein dadurch stark ausgeprägtes Consumer Empowerment, das Marketingverantwortliche dazu zwingt, neue Wege zu gehen. So auch die Marktforschung. Mit komplexeren und verfeinerten Messmethoden wie DecisionVue 360 bleiben Entscheidungsmuster und -prozesse transparent. Das klassische Modell des Purchase Funnel hat heute keine Bedeutung mehr (s. Noble, 2010), daher finden und definieren sich Entscheidungsvorgänge neu. Doch auch diese lassen sich mit angepassten Methoden analysieren, verstehen und somit managen.